Textgrundlage

Die Reisetagebücher

Grundlage der kommentierten Online-Edition sind die fünf überlieferten Reisetagebücher Hans Posses (1879-1942) aus den Jahren 1939 bis 1942, die er während seiner Zeit als Sonderbeauftragter Adolf Hitlers (1889-1945) anfertigte. Als solcher war er zuständig für den Aufbau einer Kunstsammlung für das sogenannte Führermuseum, das in der Stadt Linz an der Donau errichtet werden sollte, sowie für die Verteilung von geraubten und angekauften Kunstwerken auf die Museen des Deutschen Reiches. Die Reisetagebücher werden im Deutschen Kunstarchiv am Germanischen Nationalmuseum unter den Signaturen DKA, NL Posse, Hans, I,B-2 bis I,B-6 verwahrt.

Das Projekt versteht das Tagebuch als Medium für laufende Eintragungen dienstlicher Vorgänge. Posse hielt in kleinformatigen Heften (zu Maßen und Materialität s. Überblickstabelle) seine Arbeitsnotizen für den eingangs erwähnten Sonderauftrag fest. Er dokumentierte insbesondere seine diversen Kunstakquirierungs- und -begutachtungsreisen nach Polen, Österreich, in die Niederlande und die Schweiz, nach Frankreich sowie Italien, weshalb der Begriff des Reisetagebuchs geprägt wurde. Wer diese Bezeichnung einführte und wann sie zuerst verwendet wurde, konnte nicht rekonstruiert werden, doch bereits 1984 im Zugangsregister des Archivs sind die fünf Notizhefte als "Reisetagebücher" betitelt.

Die Reisekladden besitzen einen ausschließlich dienstlichen Charakter und sind folglich deutlich abzugrenzen von der verbreiteten Nutzung eines Tagebuchs als autobiografisches Zeugnis mit in der Regel täglichen oder regelmäßigen Einträgen zur Fixierung persönlicher Erlebnisse und Gedanken. Posse ging zwar in chronologischer, jedoch dabei eher überblickshafter Form vor. Es gibt nicht immer für jeden einzelnen Tag Einträge, oft werden Zeiträume zusammengefasst. Es existieren keine zeitgenössischen Äußerungen oder Belege zu den Reisetagebüchern, aber es ist anzunehmen, dass Posse die jeweils aktuelle Kladde stets bei sich hatte. Maße, Materialität (s. Überblickstabelle), Schriftbild und Schreibstil (s. folgender Unterpunkt) legen nahe, dass sie allein für seinen Gebrauch bestimmt waren, er nutzte sie vorrangig als Erinnerungsstütze, insbesondere für seine Ankaufsverhandlungen, zum Fixieren wichtiger Besprechungspunkte bei den Treffen mit Hitler und zum entwurfsweisen Vorformulieren späterer Korrespondenzen.

Die Aufzeichnungen weisen Lücken für die Zeiträume Juni bis August 1940 und Januar bis März 1941 auf. Da eine durchgängige Dokumentation seiner Tätigkeiten seitens Posses nicht zu bezweifeln ist, kann angenommen werden, dass die entsprechenden Reisekladden verloren gegangen oder vernichtet worden sind. Im Rahmen der Kommentierung wurde versucht, die nicht durch Reisetagebücher belegbaren Zeitspannen von jeweils drei Monaten sowie sonstige zeitliche Lücken mittels anderer Archivalien, wie Posses Diensttagebuch aus seiner Funktion als Direktor der Dresdner Gemäldegalerie (DKA, NL Posse, Hans, I,B-1) und ein Taschenkalender (DKA, NL Posse, Hans, I,B-7), ansatzweise zu schließen.

 

Schriftbild und Schreibstil

Posse fertigte seine Notizen stichwortartig mit vielen Hervorhebungen, Einschüben, Ausstreichungen und etlichen teils von ihm selbst gebildeten Abkürzungen an. Es gibt wenige ausformulierte Passagen, in der Regel handelt es sich hierbei um Zusammenfassungen von Besprechungen oder Vorformulierungen für Brieftexte. Das Schriftbild ist oft fahrig, mitunter hastig, jedoch finden sich vereinzelt auch Stellen in Schönschrift – meist Adresslisten. Die Eintragungen nahm Posse größtenteils mit Bleistift vor, der inzwischen leicht verwischt und zum Teil verblasst ist.

Wegen der Notizhaftigkeit der Einträge entsprechen Groß- und Kleinschreibung sowie Interpunktion zuweilen nicht der Rechtschreibung. Auch Grammatikfehler treten auf.

Wie jede Handschrift weist auch die Posses bestimmte Eigenheiten im Umgang mit einzelnen Buchstaben auf. So sind z. B. A und a weitgehend identisch. Ein weiteres Beispiel sind die Kleinbuchstaben u und n, die sich nur durch einen über dem u gesetzten Bogen oder Strich unterscheiden.

Die oben genannten Faktoren erschweren die Lesbarkeit der Eintragungen und machen diese stellenweise sogar unverständlich.

Detaillierte Angaben zur Umsetzung von Quellentext, (Schrift-)Besonderheiten, Hervorhebungen etc. in der Transkription, sind den Transkriptionsrichtlinien zu entnehmen.