11.11.1941: Paris (0013) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-6)

11.11.1941: Paris (0013) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-6)

Paris

Major Weber

830 / Gare du Nord1schräg an den linken Seitenrand geschrieben

Efra PROvence

0026 / app. 982

[Boulevard Hausmann

ggüber3 Ambassador]4

 

Mi.5 [Holzapfel] Gössler6

Alesia 36207    1130rot umrahmtRitz

 

Frey   Elysées 90438 1030 ab

 

130  Craig9

 

Brief bei Fritze ! Souich

40.10

 

Tel. Major v. Behr

Provence 6603

(Braumüller)   Zimmer 110  ½ 1

Boulev.11 Hausman / Hotel Commodore12senkrecht an den linken Seitenrand geschrieben

 

Do.13   Frey tel. bis 101514

Fritze Brief.15

v. Behr (Braumüller)

170   Apfelstädt.16

  • 1Posse notierte sich hier die Abfahrzeit seines Zuges vom Pariser Bahnhof Gare du Nord, von dem die wichtigsten Bahnlinien in Richtung Belgien und Niederlande ausgingen. Von dort fuhr er am Morgen des 14. November 1941 nach Den Haag (s. DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
  • 2Die alten Telefonnummern in Frankreich bestanden aus einer alphanumerischen Kombination. In Paris setze sich diese aus drei Teilen zusammen: zuerst eine meist von Orts- oder Personennamen abgeleitete Buchstabenkombination für einen bestimmten Teilbereich der Stadt, dann eine dreistellige Nummernkombination für die zuständige Telefonzentrale bzw. die Bezirksvorwahl und abschließend ein in der Regel vierstelliger Nummerncode für den jeweiligen Teilnehmeranschluss. Üblicherweise wurden nur die Buchstabencodes oder die Bezirksnamen, deren erste drei Buchstaben den dazugehörigen Code ergaben, und die Teilnehmernummern notiert. Die Nummer der Zentrale ergab sich automatisch über die Eingabe der Buchstaben, denen auf der Wählscheibe des Telefons eine bestimmte Ziffer zugeordnet war. "Provence" (Buchstabencode PRO) bezieht sich auf die gleichnamige Straße in Paris, die Bezirksnummer lautete 770.
  • 3gegenüber
  • 4Eventuell ist das Hôtel Commodore, Boulevard Haussmann 12, gemeint, das neben dem Hôtel Ambassador, Boulevard Haussmann 16, gelegen ist. Im Hôtel Commodore war der erste Hauptsitz des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg, im Hôtel Ambassador war während der deutschen Besetzung eine Abteilung der Kommandantur Groß-Paris.
  • 5Im Folgenden hielt Posse seine Termine für Mittwoch, den 12. November 1941, fest.
  • 6Wahrscheinlich ist Friedrich Göttler gemeint, mit dem Posse am 12. November 1941 zwei Gemälde bei Rudolf Holzapfel besichtigte (s. Seite 0014). Wie die folgende Notiz nahelegt, trafen sich die beiden wahrscheinlich um 11:30 Uhr vorm Hotel Ritz, wo Posse während seines Parisaufenthalts wohnte, und fuhren von dort aus gemeinsam zu Holzapfels Villa.
  • 7Telefonnummer von Rudolf Holzapfel. "Alesia" (Buchstabencode ALE) bezieht sich auf die gleichnamige Straße in Paris, die Bezirksnummer lautete 253; die vierstellige Ziffernfolge steht für den Teilnehmeranschluss.
  • 8Es handelt sich um die Telefonnummer von Alexander von Frey im Hotel Lancaster, 7 Rue de Berri, Paris 8. Arrondissement, Zimmer 55. "Elysées" (Buchstabencode ELY) bezieht sich auf die Avenue des Champs-Élysées und das 8. Arrondissement de l'Élysée, die Bezirksnummer lautete 359; die vierstellige Zifernfolge steht für den Teilnehmeranschluss. Von Frey hatte Posse schriftlich kontaktiert und um Rückruf gebeten - er sei "abends ½ 7 bis 7 und morgens vor 10 Uhr" immer im Hotel Lancaster unter der genannten Telefonnummer zu erreichen (s. BArch, B 323/146, Nr. 599, von Frey an Posse, 11.11.1941). Am 12. November 1941 - vermutlich um 10:30 Uhr - besichtigte Posse mit ihm seine Falconet-Statue "Venus à l'éponge" (s. Seite 0014) und erwarb später eine Ölskizze von Hans Makart aus seiner Sammlung (s. Seite 0017).
  • 9Posse traf Edward Gordon Craig um 13:00 Uhr im Hotel Ritz, um den Vorvertrag für den Ankauf von dessen Theatersammlung abzuschließen; als Anzahlung wurden 400.000,- französische Francs, die 20.000,- Reichsmark entsprachen, geleistet (s. BArch, B 323/100, Nr. 653, Posse an Lammers, Abrechnung Sonderkonto bei der Reichskreditkasse Paris, 03.06.1942; ebd., Nr. 654, Empfangsquittung vom 12.11.1941 in Abschrift; Vertrag im IfZ-Archiv, Nachlass Heinrich Heim, Bd. 2, s. Pyta (2015), S. 677, Anm. 87).
  • 10Im Januar 1941 hatte sich der Berliner Kunsthändler Karl Ernst Henrici an Posse gewendet und ihn auf eine Kunstsammlung im Besitz der Familie seines Schwiegersohnes Paul du Souich in Paris hingewiesen (s. BArch, B 323/136, Nr. 751, Henrici an Posse, 18.01.1941). Kurz darauf hatte sich auch Ernst Schulte-Strathaus, Henricis "Jugendfreund", eingeschaltet: "Eine Tochter von Karl Ernst Henrici [...] ist in Paris mit einem französischen Hochadeligen verheiratet. Ein Onkel dieses Mannes besitzt eine Sammlung der kostbarsten und besten Bilder der grossen französischen Maler des 18. Jahrhunderts: Watteau, Boucher, Fragonard, Lancret usw., die Sammlung war einmal im Louvre ausgestellt und erregte berechtigtes Aufsehen. Durch die Zeitumstände gezwungen, will der alte Herr einige Bilder verkaufen. [...] Henrici beabsichtigt, wie er mir vor kurzem sagte, durch seine Vermittlung die Bilder dem Führer oder vielmehr Ihnen als dem Vertrauensmann des Führers zur Erwerbung für Deutschland zugänglich zu machen" (s. BArch, B 323/147, Nr. 295, Schulte-Strathaus an Posse, 27.01.1941). Schließlich wurden im Juli 1941 aus der Sammlung von François Thiébault-Sisson über Paul du Souich zwei Gemälde für insgesamt 800.000,- französische Francs, also 40.000.- Reichsmark, zuzüglich 10% Vermittlungsgebühr (4.000,- Reichsmark) für Henrici angekauft: "La guinguette/Dorfschenke" von Jean-Honoré Fragonard (Linz-Nr. 1891; s. Schwarz (2004), S. 308, Nr. X/49; Einträge in der Datenbank zum "Central Collecting Point München" des DHM) und das "Bildnis des Comte de Luc" von Charles Joseph Natoire (Linz-Nr. 2033; s. Schwarz (2004), S. 318, Nr. XV/47; Einträge in der Datenbank zum "Central Collecting Point München" des DHM; allgemein zu Verhandlungen und Ankauf s. BArch, B 323/136, Nr. 721, 724 726-745 und 749, Briefwechsel Posse/Henrici, Februar und April bis Juni 1941; s. BArch, B 323/147, Nr. 249-250, K. von Souich an Posse, 01.07.1941; s. BArch, B 323/101, Nr. 161-162, Posse an Lammers mit Rechnungsabschrift, 03.07.1941; s. BArch, B 323/147, Nr. 248, Posse an die Reichskreditkasse in Paris, 11.07.1941; s. BArch, B 323/100, Nr. 666, Lammers an Posse, 19.05.1942).
  • 11Boulevard
  • 12Posse notierte sich die Telefon- und Zimmernummer von Kurt von Behr, dem Leiter des "Amt Westen" des Einsatzstabes Reichsleiter Rosenberg mit Hauptsitz im Pariser Hôtel Commodore im Boulevard Haussmann 12 (s. C. I. R. # 1, S. 3-4). Das Amt zog noch 1941 in die Avenue d'Iéna 54 um. "Provence" (Buchstabencode PRO) bezieht sich auf die gleichnamige Straße in Paris, die Bezirksnummer lautete 770; die vierstellige Ziffernfolge steht für den Teilnehmeranschluss.
  • 13Im Folgenden hielt Posse seine Termine für Donnerstag, den 13. November 1941, fest.
  • 14Posse telefonierte am Donnerstagmorgen mit Alexander von Frey. Vermutlich verhandelte man Zahlungsmodalitäten für die am Vortag besichtigte Falconet-Statue "Venus à l'éponge". Von Frey, der in der Schweiz lebte und deshalb eine Zahlung in Schweizer Franken gewünscht hatte, wurde von Posse wohl davon unterrichtet, dass dies nicht möglich sei. Er schrieb noch am selben Tag an Posse, dass er bereit sei, die Statue für 4,5 Millionen französische Francs, also 225.000,- Reichsmark, zu verkaufen (s. BArch, B 323/146, Nr. 596, von Frey an Posse, 13.11.1941). Posse sollte von einem Ankauf jedoch absehen (s. BArch, B 323/146, Nr. 594, Posse an von Frey, 15.12.1941).
  • 15Diese Notiz bezieht sich vermutlich auf die schriftliche Zahlungsanweisung Posses vom 14. November 1941 an die Reichskreditkasse in Paris, in der er darum bat, "aus meinem Guthaben bei der Reichskreditkasse in Paris den Betrag von frz. frcs. 220.000 an Herrn Terrisse, Expert, 15 rue de la boetie, Paris 8e" und "den Betrag von frz. frcs. 30.000 an Herrn Dr. Alexander C. Frey von Stamora zurzeit Hotel Lancaster, 7 rue de Berri, Paris VIII", auszahlen zu lassen (s. BArch, B 323/147, Nr. 241, Posse an Reichskreditkasse Paris, 14.11.1941).
  • 16Zu der mit Hans Joachim Apffelstaedt besprochenen Angelegenheit s. Seite 0015.