Erstes Reisetagebuch

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München

Führerbesuch abgesagt wird.

190im Hotel Grünwald1

Tel. daßFührerendgültig

heutenichtkommt. 1910tel.

seine Ankunft im Führerbau

1945angesagt. DerFührer

1955- 2125im Führerbau

zur Besichtigg2der Linzer

Bilder3 u. der Depots.4

Wiensoll einen Teil der

französ.5Bilder (darunter

die PompadourvonBoucher

Fragonard) sowie sämtliche

Englische Bilder erhalten.

In allem übrigen haben in

1. Linie Linz, in 2. Innsbruck

den Vorzug.6

FürLinzsoll aus dem beschlag-

nahmten Kunstbesitz auch eine

graphische Abteilunggebildet

werden.Möbel("gr. ital.

Truhe")7,Bronzen,Elfenbeine,

Tapisserienusw.8

 

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München

DerFührerwendet sich

(auf meine Schilderung der

österr.1Verhältnisse u. der

anWienvon den Gauen ge

stellten Forderungen an den

Wiener Kunstbesitz) dagegen,

daß deralte historisch ent-

standene Kunstbesitzirgend

wie geschmälert werde. Er

hat mir späterhin nochmals

ausdrücklich bestätigt, daß

der Wiener Kunstbesitz so

wie er ist erhalten bleiben

müsse (Ambraser Sammlung)2

"Die großen Sammlungen haben

ihren eigenen hist.3gewordenen

Charakter u. dürfen nicht be-

raubt werden".4

Etwas anderes ist es mit

dem beschlagnahmtenReichs-

besitz.5Dieser müsse der

österr.6 Provinz, in 1. Linie

Linz7 zugute kommen.

Er habe auch eine Ver-

ordnung dagegen erlassen, daß

  • 1österreichischen
  • 2Es handelt sich um eine Sammlung von Waffen, Rüstungen, Gemälden, Skulpturen, illuminierten Handschriften und Kuriositäten, dieErzherzog Ferdinand II. von Tirol imSchloss AmbrasbeiInnsbruckanlegte. Diese wurde ab 1665 sukzessive nach Wientransferiert. Der Reichsgau Tirol forderte die Rückführung der berühmten Ambraser Sammlung, die aus Tirol nachWienverkauft worden war und einen Grundstock der Sammlung desKunsthistorischen Museumsbildet (s.Schwarz (2018), S. 42).
  • 3historisch
  • 4Hitlerwendete sich gegen die Bestrebungen der österreichischen Gauleiter, auf die Bestände der ehemaligen österreichischen Staatsmuseen inWienzuzugreifen. Er gab hier eine Art Bestandsgarantie vor allem für dasKunsthistorische MuseuminWien (s.Schwarz (2018), S. 82-84 und passim). Da es sich um eine ganz grundsätzliche Entscheidung handelte, zitiertePosse Hitlerhier direkt.
  • 5Damit meinteHitlerdie beschlagnahmten jüdischen Kunstsammlungen, auf die er allerdings erst zugriff, nachdem diese vom NS-Regime eingezogen und damit in Reichsbesitz übergegangen waren.
  • 6österreichischen
  • 7Hitlermeinte hier dasOberösterreichische Landesmuseumund dasFührermuseum.
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Sicher gestellte Bilder

Vorhand für denFührer1

 

 

1 Katalog der österr.2

Ausstellung

 

Paket - Einlieferungs-

schein.!

 

HollbeinscheHolländischeMadonna

Risse ausspanen

altes gedämpftes Linden-

holz ohneAstWirbel ganz

weich. Nicht gewöhnlicher

Tischlerleim sondern Emul-

sionsleim.

warnt vor abhobeln

Plane Holzunterlage

mit Wasser verdünntenSpiritus

tränken3

 

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  • 1Die Datierung des Eintrags ist unklar, doch legt der Kontext der folgenden Notiz nahe, dass er inWiengemacht wurde und sich somit auf die denkmalbehördlich sichergestellten Gemälde aus jüdischem Besitz inWien bezieht, für diePosse beiHitlerden 'Führervorbehalt' beantragen wollte, wie er am 23. Juli 1939 vorschlug. Die entsprechende Anordnung wurde am 22. August 1939 erlassen (s.Schwarz (2014), S. 88).
  • 2österreichischen
  • 3Posse notierte sich Restaurierungshinweise vermutlich aus demDoerner Institutfür die vonBartholomäus Sarburgh gemalte Kopie der Madonna des Basler Bürgermeisters Jacob Meyer zum HasenvonHans Holbein d. J.Das Hauptwerk derDresdner Gemäldegaleriewar 1937 auf eine Ausstellung in die USA gegeben und beschädigt worden (s.Maaz (2014), S. 48-49). Die aus vier vertikal verlaufenden Eichenbrettern zusammengesetzte Tafel wies gravierende Schäden in Form von geöffneten Fugen auf, die gemäß der Empfehlung mit weichem Lindenholz gefüllt werden sollten. Eine Restaurierung der Tafel wurde jedoch erst in den letzten Jahren durchgeführt (s.Börner (2015)).