13./14.05.1941: Wien (0053) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-5)

13./14.05.1941: Wien (0053) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-5)

Schindler (Angebot Engel) Wien

"Strasse bei Braunau" Blankenberg

ist in Wirklichkeit bei Tulln1

 

Dr. Keil, Kohlmarkt

Madonna m Kd2 8800.-3

 

Seiberl.4

St. Paul.  Einigung zwischen

Klagenfurt u. Freiburg5

 

Abtransport der Seiberlsachen

Dazu gesondert Reste

(Unverteiltes)6   Reste Bondy7

 

Morelli  Jellinek

bitten, daß die verpackten

Ggstände8 an Inst. f. D.

übergeben.9

 

Morelli Lotto, Goya sowie

Atelier des Alt

dann Freigabe des Übrigen10

  • 1Carl Moll, den Posse am 13. Mai 1941 besuchte (s. Seite 0045), war ein Experte im Werk von Emil Jakob Schindler, da er dessen Schüler und Assistent gewesen war und zudem dessen Witwe geheiratet hatte. Posse erfuhr wohl von ihm, dass ein vermutlich vom Kunsthändler Hugo Engel in seiner Galerie in Paris angebotenes Schindler-Gemälde nicht eine Straße bei Braunau am Inn, sondern eine Straße in Plankenberg darstellte; Schindler hatte mit seiner Familie und Moll das dortige Schloss bewohnt (s. Burgen-Austria und burgenkunde.at). Wahrscheinlich war damit ein wesentliches Ankaufsargument, nämlich die Lokalisierung des Sujets in die Umgebung von Adolf Hitlers Geburtsort Braunau am Inn, entfallen.
  • 2mit Kind
  • 3Posse besichtigte bei der Kunsthandlung Keil, Wien I., Kohlmarkt 8, eine für 8.800,- Reichsmark angebotene Muttergottesstatue, über die ihn Herbert Seiberl bereits am 21. April 1941 informiert hatte (s. BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 7, fol. 11, Seiberl an Posse, 21.04.1941; s. auch Seite 0056).
  • 4Die folgenden Einträge geben vermutlich die mit Herbert Seiberl besprochenen bzw. zu besprechenden Angelegenheiten stichpunktartig wider. Die Durchstreichungen kennzeichnen wahrscheinlich erledigte Punkte.
  • 5Es ging um die Zuteilung des Kunstbesitzes aus dem aufgelassenen Kloster St. Paul im Lavanttal, um den ein Streit zwischen dem Gauleiter des Reichsgaues Kärnten und dem Reichsstatthalter in Baden entstanden war; letzterer erbat eine "Rückverbringung", da der Schatz aus dem Kloster St. Blasien im Schwarzwald bei Freiburg im Breisgau stammte, von wo er nach der Säkularisation 1809 nach St. Paul überführt worden war. Adolf Hitler entschied schließlich, dass der Kunstbesitz in Kärnten, im Kärntner Landesmuseum in Klagenfurt, verbleiben sollte (s. Schwarz (2018), S. 70; BArch, B 323/102, Nr. 793-796, Korrespondenz und Gutachten, Oktober bis November 1941; zum Kunstbesitz s. Frodl-Kraft (1997), S. 290-293).
  • 6Mit "Seiberlsachen" meinte Posse vermutlich die Bestände aus dem Depot des Instituts für Denkmalpflege in der Orangerie des Belvedere, dessen Leiter Herbert Seiberl war. Sie sollten in das neu eingerichtete "Linz-Depot" im aufgelassenen Stift Kremsmünster abtransportiert werden, ebenso wie zu einem späteren Zeitpunkt die unverteilten Bestände der Kunstsammlungen aus jüdischem Besitz, die gesondert behandelt werden sollten: "Dorthin könnten auch die zurzeit noch in Wien aufbewahrten (bereits verpackten) reichen Bestände aus beschlagnahmten jüdischem Besitz und viele Neuerwerbungen aus Wien verbracht werden, damit für die weitere Verwendung der Wiener Räume Platz wird und die noch nicht verteilten Restbestände des beschlagnahmten Kunstbesitzes ausgebreitet werden können" (s. BArch, B 323/164, fol. 11, Nr. 914, Posse an Bormann, 16.05.1941).
  • 7Am 6. Mai 1941 hatte Posse die Verteilung der Sammlung von Oscar Bondy auf die Museen der 'Ostmark' abgeschlossen und die Listen bei Martin Bormann eingereicht (s. Schwarz (2018), S. 126); dies betraf insbesondere die bisher keiner Institution zugewiesenen "Reste" der Sammlung, alles "Gegenstände, die für das Führermuseum nicht in Betracht kommen" (s. BArch, B 323/164, fol. 12, Nr. 920, Posse an Bormann, 07.05.1941; Listen s. BArch, B 323/164, fol. 12-13, Nr. 921-923). Die Genehmigung des Verteilungsvorschlags durch Adolf Hitler stand jedoch noch aus; vielleicht bedeutet die Durchstreichung hier, dass Posse deshalb den Befehl zur Ausfolgung der Objekte an die Museen und damit zum Abtransport aus Wien noch nicht geben konnte, die Angelegenheit somit noch nicht abschließend zu klären war. Die Entscheidung fiel Ende Mai 1941: "Ich teile Ihnen mit, daß der Führer am 24. V. den Verteilungsvorschlag der Reste der beschlagnahmten Sammlung Bondy genehmigt hat" (s. BArch, B 323/106, Nr. 3a/467, Posse an Seiberl, 28.05.1941).
  • 8Gegenstände
  • 9Sowohl Posse als auch Herbert Seiberl wollten das Wiener Landgericht bitten, die Kunstsammlung von Bruno Jellinek dem Institut für Denkmalpflege zu übergeben, damit diese aufgestellt, gesichtet und eine Auswahl für das Führermuseum getroffen werden konnte.
  • 10Posse legte gemeinsam mit Herbert Seiberl fest, welche Kunstwerke Berta Morelli zum Ankauf freigeben musste, um eine Ausfuhrgenehmigung für ihre restliche Sammlung zu erhalten. Am 19. Mai 1941 teilte Posse ihr mit, dass das Wiener Institut für Denkmalpflege sich nun bereit erklärt habe, "Ihre sämtlichen Gemälde zur Ausfuhr freizugeben, wenn Sie sich mit dem Verkauf der folgenden Stücke aus Ihrem Besitz an mich bezw. meinen Auftraggeber einverstanden erklären:

    1. Lorenzo Lotto, Bildnis eines Mannes.

    2. F. Goya, Bildnis eines Mannes.

    3. Alt, Der Maler in seinem Atelier" (s. BArch, B 323/120, Nr. 91, Posse an Morelli, 19.05.1941).

    Da Berta Morelli jedoch mit dem Verkauf der drei Objekte nicht einverstanden war und 'nur' das Gemälde von Lorenzo Lotto veräußern wollte (s. BArch, B 323/120, Nr. 89, Morelli an Posse, 23.05.1941), brach Posse die Verhandlungen ab (s. BArch, B 323/120, Nr. 90, Posse an Morelli, 28.05.1941).