Erstes Reisetagebuch
schakzum Mittagessen.
12. Juli 9 - 120 Hofburg. Mit
Gstapou. Rothschildpalais.
(Photos).
Chef der Kunstverwaltg5
13. Juli. 930abWien
2
- 1Gemeint ist dasZentraldepot der beschlagnahmten jüdischen Kunstsammlungenin der Neuen Hofburg (s.Schwarz (2018), S. 34-42).
- 2Arthur Seyß-Inquartwar bis Ende April 1939 Reichsstatthalter inWien und hatte als solcher ein Programm zur Verteilung der beschlagnahmten jüdischen Kunstwerke auf die österreichischen Museen ausarbeiten lassen, das erPossevermutlich bei diesem Treffen vorstellte (s.Schwarz (2018), S. 66)
- 3Ludwig Baldasswar seit 1918 Kustos und wurde später kommissarischer Leiter derGemäldegalerie. Er hatte die Wunschlisten derGemäldegalerie des Kunsthistorischen Museumsfür Zuteilungen aus den beschlagnahmten Kunstsammlungen erstellt.
- 4Possetraf den für die beschlagnahmten und sichergestellten Kunstwerke zuständigen SS-ObersturmbannführerKurt Christmannin derGestapoleitstelle Wien, die sich zu diesem Zeitpunkt wohl noch in der Herrengasse befand. Gesprächsgegenstand dürfte die Überführung der noch in Besitz derGestapobefindlichen Kunstwerke in das vomKunsthistorischen Museumbetreute Zentraldepotin der Neuen Hofburg gewesen sein, die bald darauf durchgeführt wurde (s.BDA-Archiv, Rest.Mat., Akten 1939, fol. 39, Gestapo an das Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten, 29.07.1939;Schwarz (2018), S. 66-67).
- 5Kunstverwaltung
St. Floriankirche1 (3 (4) Tafeln
vonH. v. Kulmbachvon
ehemaligemJohannisaltar
(eine Tafel seit 1925 (?) beim
Restaurator)2
Städt.3Sammlung:Museum Naro- / dowe/ (Abteilg4/ in Villa)
Private Stiftung an die
Stadt. Nichts Gutes.
hübscheskleines Damen-
28. Nov. 39.
Ausser kunstgewerbl.6 Sachen
unter den Bildern nichts
- 1Gemeint ist die Floriansbasilika (Bazylika św. Floriana), auch Florianikirche genannt, inKrakau.
- 2In der Floriansbasilika befanden sich zum Zeitpunkt vonPossesBesuch eingebaut in einem neugotischen Seitenaltar drei Tafeln des ehemaligenSt.-Johannes-AltarsvonHans von Kulmbachaus dem Jahr 1516. Eine vierte Tafel war lautPossebeim Restaurator. Von wem die Information stammte, dass sich die Tafel seit 1925 beim Restaurator befand, bleibt unklar, ist aber symptomatisch für den generellen Vorwurf der deutschen Besatzer, dass Polen das deutsche Kulturgut häufig durch unfachmännisches Restaurieren geschädigt habe. So heißt es im vonKaj Mühlmannim Auftrag des GeneralgouverneursHans Frankerstellten Verzeichnis der beschlagnahmten Kunstwerke "Sichergestellte Kunstwerke im Generalgouvernement", die Tafeln seien "in der Malschicht z. T. sehr zerstört und teilweise beschnitten. Die Restaurierung der letzten 16 Jahre brachte arge Entstellungen" (s.National Archives, Ardelia Hall Collection: Wiesbaden Administrative Records, "Sichergestellte Kunstwerke im Generalgouvernement", 24 a-d).
- 3Städtische
- 4Abteilung
- 5DasEmmerich-Hutten-Czapski-MuseuminKrakau, ul. Piłsudskiego 12, eine Abteilung desNationalmuseums, war eine private Stiftung an die Stadt, deren Sammlungskern die Münzsammlung desGrafen Emeryk Hutten-Czapskibildet. Das negative UrteilPossesbezog sich auf die Gemäldebestände.
- 6kunstgewerblichen
- 7Possemeinte die Hauptwerke derCzartoryski-Sammlung "Porträt eines jungen Mannes" vonRaffael, "Dame mit dem Hermelin" vonLeonardo da Vinciund "Landschaft mit dem barmherzigen Samariter"vonRembrandt. Er kannte die Gemälde sehr gut, da die Czartoryski-Sammlungim Ersten Weltkrieg von den Besitzern zu ihrem Schutz in die GemäldegalerieinDresdenausgelagert worden war. Zum Zeitpunkt vonPossesPolenreise waren die drei Werke inBerlin 'sichergestellt'. Später gelangten sie jedoch wieder - vermutlich infolge der BeschlagnahmeverordnungHans Franksvom 16. Dezember 1939 - zurück nachKrakau, wo sie 1940 beschlagnahmt wurden (s.Schwarz (2014), S. 119).
Brühlsches Palais1: ausser
Fassade nicht Originales.
Völlige Modernisierung vor
ca 6 Jahren.2
Bilder vonMaulbertsch
imMusseum Ossolineum Oskolineum
zuLemberg, ebenda
2. Dez. 39
Privatsammlungen
Krasinski4 zur Hälfte, Zamoijski5
ein knappes Fünftel, Przezdizienski6
ein Zehntel der Sammlung er-
halten, das übrige verbrannt.
Kommandatur IV c
- 1Das Brühlsche Palais war ein Barockschloss inWarschau. 1944 wurde es von der Wehrmacht gesprengt.
- 2Das Gebäude diente vor dem Ersten Weltkrieg als Telegraphenamt, danach wurde es vom polnischen Außenministerium genutzt und fungierte unter deutscher Besatzung als Distriktsamt (Dienstsitz des Gouverneurs) (s.Baedeker/Steinheil (1943), S. 90).
- 3Mit "W. K." dürfteWolfgang Krodel der Älteregemeint sein, der aus kunsthistorischer Sicht zur Schule Lucas Cranachs gehört. Die Information könnte fürPosseals Cranachforscher interessant gewesen sein. Möglicherweise war er aber auch wegen des Sammlungsaufbaus für dasFührermuseum anWolfgang Krodelinteressiert, in dem er eine Abteilung für Künstler der Donauschule einrichten wollte. InWarschautrafPossemitLeopold Ruprechtund Eduard Holzmairzusammen (s.DKA, NL Posse Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch, Eintrag vom 01.12.1939), welche im Stab des 'Beauftragten für die Sicherstellung des polnischen Kunstbesitzes' Kaj Mühlmanntätig waren. Von ihnen könnte er diese Informationen erhalten haben.
DasMuseum Ossolineum interessiertePossevor allem wegen seiner hochrangigen Dürer-Sammlung (s. auchEintrag vom Dezember 1939). Zudem war Lembergzu diesem Zeitpunkt sowjetisch besetzt, die Dürer-Sammlung also außerhalb seines Verfügungsbereichs und daher auch nicht Teil seines aktuellen Auftrags. Gleichwohl erwähntePosse die Sammlung in seinem Polen-Bericht: "Vielleicht wird es später möglich sein, die siebenundzwanzig Blätter vonDürerfür Deutschland zu retten." (s. BArch, B 323/163, Nr. 211-214, Hans Posse, Bericht über die auftragsweise übernommene Reise nach Krakau und Warschau zur Unterrichtung über die Art und den Umfang der beschlagnahmten Kunstwerte). Tatsächlich wurden die Dürer-Zeichnungen im Juli 1941, nach dem Überfall auf die Sowjetunion, vonKaj Mühlmann 'sichergestellt'.Possehatte sie für die Graphische Sammlung desFührermuseums vorgesehen (s.Schwarz (2014), S. 127-128;Juzwenko/Mirecki (2004)).
- 4Der Krasiński-Palast, ein Barockschloss inWarschau, wurde für die Magnatenfamilie Krasiński erbaut. Im Schloss befand sich die Kunstsammlung der Familie, u. a. mit Werken vonAlbrecht Dürer,RembrandtundPeter Paul Rubens. 1927 wurden die Bibliothek und die Kunstsammlung der Familie in ein eigens errichtetes Museumsgebäude transferiert. Teile der Bestände wurden bei Bombenangriffen durch deutsche Truppen im September 1939 zerstört (s.Ajewski (2004), Englische Zusammenfassung).
- 5Gemeint ist die Sammlung der Magnatenfamilie Zamoyski, die sich im Blauen Palast inWarschaubefand. Sie umfasste neben einer umfangreichen Bibliothek des Majorats der Zamoyskis auch eine Kunstsammlung. Während der deutschen Luftangriffe im September 1939 wurden große Teile der Sammlung zerstört (s.Makowski (2013)).
- 6Gemeint ist die Sammlung der Familie Przeździecki, die eine umfangreiche Bibliothek sowie eine Kunstsammlung umfasste. Während der deutschen Luftangriffe wurde der Palast der Familie von einer Bombe getroffen. Infolgedessen brannte der Palast aus und ein Großteil der Sammlung wurde zerstört (s.Ajewski (2004), Englische Zusammenfassung).