Erstes Reisetagebuch

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München

DerFührerwendet sich

(auf meine Schilderung der

österr.1Verhältnisse u. der

anWienvon den Gauen ge

stellten Forderungen an den

Wiener Kunstbesitz) dagegen,

daß deralte historisch ent-

standene Kunstbesitzirgend

wie geschmälert werde. Er

hat mir späterhin nochmals

ausdrücklich bestätigt, daß

der Wiener Kunstbesitz so

wie er ist erhalten bleiben

müsse (Ambraser Sammlung)2

"Die großen Sammlungen haben

ihren eigenen hist.3gewordenen

Charakter u. dürfen nicht be-

raubt werden".4

Etwas anderes ist es mit

dem beschlagnahmtenReichs-

besitz.5Dieser müsse der

österr.6 Provinz, in 1. Linie

Linz7 zugute kommen.

Er habe auch eine Ver-

ordnung dagegen erlassen, daß

  • 1österreichischen
  • 2Es handelt sich um eine Sammlung von Waffen, Rüstungen, Gemälden, Skulpturen, illuminierten Handschriften und Kuriositäten, dieErzherzog Ferdinand II. von Tirol imSchloss AmbrasbeiInnsbruckanlegte. Diese wurde ab 1665 sukzessive nach Wientransferiert. Der Reichsgau Tirol forderte die Rückführung der berühmten Ambraser Sammlung, die aus Tirol nachWienverkauft worden war und einen Grundstock der Sammlung desKunsthistorischen Museumsbildet (s.Schwarz (2018), S. 42).
  • 3historisch
  • 4Hitlerwendete sich gegen die Bestrebungen der österreichischen Gauleiter, auf die Bestände der ehemaligen österreichischen Staatsmuseen inWienzuzugreifen. Er gab hier eine Art Bestandsgarantie vor allem für dasKunsthistorische MuseuminWien (s.Schwarz (2018), S. 82-84 und passim). Da es sich um eine ganz grundsätzliche Entscheidung handelte, zitiertePosse Hitlerhier direkt.
  • 5Damit meinteHitlerdie beschlagnahmten jüdischen Kunstsammlungen, auf die er allerdings erst zugriff, nachdem diese vom NS-Regime eingezogen und damit in Reichsbesitz übergegangen waren.
  • 6österreichischen
  • 7Hitlermeinte hier dasOberösterreichische Landesmuseumund dasFührermuseum.
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Klagenfurt-Venedig

170mitDr. Frodelzu

Prof. Eggeram Wörther See.1

Abends mit Dr. F.2zusamm3

im Hotel. (Hiecke)4

13. August (Sonntag)Diöcesan-

Museumgeschlossen.

1527überVillach-Tarvisnach

Venedig.[Arnoldstein]

2330inVenedig.

Hotel Vittoria - Bristol

Calle de Fuseri

Zimmer 117.5

Venedig.

14. Aug. Veroneseausttellg6

Segretario Motta7.

Ufficio Biennale: Brosch8

Nachm.9 Museo Correr.

MeinTurchi, aber oben

mit Engelsgruppe.10 Bei

Prof Lorenzetti11.Dr. Köhn

(Essen). Abds12mit Brosch13im

Kino (GiardiLido).14

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Venedig

15. Aug. 39.Venedig.

Academiau. Pesaro1wegen

Feiertag geschlossen.2In

derP. Veronese-Ausstellung.

Mit Brosch3in der Frari4,

Carmine5, S. Sebastiano6, S. Polo7

S. Rocco8, S. Pantaleone9

S. Barnaba10. usw.11 - Im

Hotel 2130ca. tel. Anruf

ausKarlsbad12. Vorher noch

inVeronese-Ausstellg13: AbendWortende

16. Aug.Hotel14Tel. Haberstockaus

Karlsbad.

Academia.

Guardi-SchülerGiovanni Migliara

(Moschini)15

S. Barnaba16

Palo17Rezzonico18.

Venez.19Keramik

BlumentellerFabbrica Antoni-

bon

Nove di Bassano20

18. Jhdt

  • 1Der CaʾPesaro inVenedig, ein zwischen 1659 und 1710 erbauter Palast am Canal Grande, beherbergt u. a. im 1. Stock einMuseum für Moderne Kunst.
  • 2Am 15. August, dem 'Ferragosto' begeht Italien den Feiertag Mariä Himmelfahrt. Es handelt sich um einen der wichtigsten kirchlichen und familiären Feiertage Italiens.
  • 3vermutlichLudwig Brosch
  • 4Gemeint ist die Kirche Santa Maria Gloriosa dei Frari inVenedig.
  • 5Gemeint ist die Kirche Santa Maria del Carmine der Karmeliterbruderschaft inVenedig.
  • 6Gemeint ist die Kirche San Sebastiano inVenedig.
  • 7Gemeint ist die Kirche San Polo inVenedig.
  • 8Gemeint ist die Kirche San Rocco inVenedig.
  • 9Gemeint ist die Chiesa di San Pantaleone Martire, auch San Pantalon genannt, inVenedig.
  • 10Gemeint ist die Kirche San Barnaba inVenedig.
  • 11Als Kenner der italienischen und insbesondere auch der venezianischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts und Direktor einer der weltweit bedeutendsten Sammlungen italienischer Malerei, derDresdner Gemäldegalerie, besuchte Possegemeinsam mitBroschKirchen, um deren Gemäldeausstattung zu studieren. Die Auswahl der besuchten Kirchen legt nah, dass der Fokus des Interesses dabei auf den WerkenTizians,VeronesesundTintorettosgelegen haben dürfte. Der Kirchenrundgang ergänzte damit dieVeronese-Ausstellung, wie es auch dem Ausstellungskonzept entsprach: So wurden in der Sakristei von San Sebastiano die vonVeronesegemalten Deckenmalereien während der Dauer der Ausstellung von Scheinwerfern ausgeleuchtet (s.Christoffel (1939), S. 317).
  • 12Wie die nachfolgenden Notizen zeigen, telefoniertePossean diesem Abend vermutlich mitKarl Haberstock, der sich häufig inKarlsbadaufhielt.
  • 13Veronese-Ausstellung
  • 14alternative Lesung: "Hitze"
  • 15Hier verweist Posse wahrscheinlich auf den 1815 erschienenen Reiseführer"Guida per la città di Venezia allʾamico delle belle arti" vonGiannantonio Moschini.
  • 16Gemeint ist die Kirche San Barnaba inVenedig.
  • 17Palazzo
  • 18Der CaʾRezzonico inVenedig, ein zwischen 1649 und 1756 erbauter Palast am Canal Grande, beherbergt seit 1935 einMuseum für venezianische Kunst des 18. Jahrhunderts.
  • 19Venezianische
  • 20Dieser Ort ist besonders als Produktionsstätte für Keramikware bekannt und war der ursprüngliche Sitz derPorzellanmanufaktur Antonibon.
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Guardi

Incendio di S. Marcolo

1789 28 November

Federzeichnung vonFr.

Guardifür Bild bei

Rothschild(Wien)1

 

Pal.2Pesaro: Moderne Galerie3

Nm.4beiBazzoni.

Veroneseausstellg5

[Biennamo:Brosch

will Probenummer

von deutscher Kunst

haben]6

S. Gio. e Paolo7. - S. Zaccaria8usw.

17. August.

845vonVenedigüberTarvis

Villach SalzburgnachMünchen.

18.9¾ 9 Uhr Führerhaus10

(Arch.11Reger): angebotene Bilder

ansehen: schlechterWaldmüller12

30,Herm. Kaulbach,Kinder-

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Innsbruck

Salzburg Hofrat Dr Martin1

DirektorLandesregierungsarchiv

Domplatz Führer durchSalzburg

(vergriffen)2

 

Innsbruck Landesmuseum

Hauptnachdruckneben

den Tirolischen Sachen

(Maximilian) vor allem

deutscheRenaissance u.

gutenNiederländern, die

ausbauwürdig.3

Raumnotdieselbe wie anders-

wo da alle Materien in dem

selben Gebäude untergebracht

zwei zum Abbruch bestimmte

Zinshäuser schon vor

Jahrzehnten erworben um

Möglichkeit zu haben, das

Museumzu schliessen4

Hofanlage: Lapidarium -

Graphik aus allen Zeiten erwünscht

(z. B. Venezianer u. Oberitaliener)5

  • 1Franz Martinwar wiePosseMitglied desInstituts für österreichische Geschichtsforschung. Möglicherweise kanntePosseihn von seiner Studienzeit in Wien her.
  • 2Möglicherweise hattePosseversucht, den vonMartinverfasstenSalzburg-Führer zu erwerben, der jedoch vergriffen war (Martin, Franz: Salzburg, ein Führer durch seine Geschichte und Kunst. Wien 1923).
  • 3In seinem Bericht über die Landesmuseen beschriebPossedas Sammlungsprofil desFerdinandeumsfolgendermaßen: Das Museum besäße "außer seinem einzigartigen, reichen Besitz an hochwertiger Heimatkunst und Kunstgewerbe sehr bedeutende Malerwerke der deutschen Renaissance aus der BlütezeitInnsbrucksunterKaiser Maximilianund vor allem auch eine wertvolle Sammlung niederländischer Meister des 17. Jahrhunderts [...], deren Ausbau sehr wünschenswert wäre" (s.BArch, B 323/229, Hans Posse, Bericht über die Landesmuseen der Ostmark, II. Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck, abgedruckt in:Schwarz (2018), S. 204-210, hier S. 208).
  • 4Vermutlich meintePossedie Möglichkeit, durch die museumseigene Nutzung der umliegenden Gebäude eine geschlossene Hofanlage zu erhalten.
  • 5In seinem Bericht anHitlerbetontePosse, dassInnsbruck "bei der Verteilung graphischer Werke aus dem beschlagnahmten Besitz [...] (z. B. mit einem Exemplar des 'Theuerdank'" zu berücksichtigen sei (s.BArch, B 323/229, Hans Posse, Bericht über die Landesmuseen der Ostmark, II. Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck, abgedruckt in:Schwarz (2018), S. 204-210, hier S. 208).