Viertes Reisetagebuch

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Amsterdam

20.4.41. Früh mitWickelnach

Amsterdam. 110beiSchmidt-

Degener(Rijksmuseum). Dort

Bruderu.Schwester Lanzu.Notar

Brouw. Übergabe derSammlung

O. Lanz.1Schmidt-Degener

übernimmt aus Freundschaft

die Überwachung der Verpackung

in Kisten, die sofort beginnen

soll.2- NachLaarenzuHerrn

Lanz: Besichtigung der 8 Bilder

die nach der Kaufvereinbarung

nach der Schweiz (über Deutsch-

land) ausgeführt werden

dürfen.3- Zurück nachAmster

damu.Haag. - Gg.4Abend

tel.Erasmusu.Ligten.

  • 1Die Übernahme der Sammlung vonOtto Lanz, die neben 132 Gemälden auch einige Skulpturen, Bronzen, kunsthandwerkliche Objekte sowie Möbel beinhaltete, fand am Sonntag, den 20. April 1941, um 11 Uhr in den Räumen des AmsterdamerRijksmuseumsstatt, wo die Sammlung ausgestellt war. NebenPosseundFelix William Wickelwaren von Verkäuferseite der Sohn vonOtto Lanz,Georg Burkhardt Lanz, eine Tochter, wohlAnna Gertrud Kijzer, der NotarC. G. PouwundFrederik Schmidt-Degener, der Direktor desRijksmuseums, anwesend. Nach der Überprüfung der Kunstwerke wurde "den Erben Lanz bzw. dem Rechtsbeistand der Erben Lanz in jeder Beziehung Entlastung erteilt für alle Einzelheiten und Vorgänge, die die Sammlung von jetzt ab betreffen. Andererseits wird [...] nochmals der Erhalt der Kaufsummen sowie die Erledigung der übrigen seitens der Erben Lanz gestellten Bedingungen bestätigt" (s.BArch, B 323/1213, fol. 75-76, Aktennotiz von Wickel betreffend Übernahme der Lanz-Sammlung, 20.04.1941; zur abschließenden Erklärung und einzelnen Bedingungen s. ebd. fol. 77-82; s. auchBArch, B 323/164, Nr. 931, Posse an Bormann, 28.04.1941; für den Sammlungs-Katalog s.BArch, B 323/1216; für den sog. "Dresdner-Katalog" der Gemälde s.BArch, B 323/55).
  • 2Nur wenige Tage nach der Übergabe der Sammlung Lanz begannen imRijksmuseumdie Verpackungsarbeiten durch die Amsterdamer FirmaVogelpoel & Noorweegen(s.BArch, B 323/1214, fol. 230, Vogelpoel & Noorweegen an Wickel, 24.04.1941) unter Aufsicht vonFrederik Schmidt-Degenerbzw. einem seiner Mitarbeiter (s.BArch, B 323/1213, fol. 76, Aktennotiz von Wickel betreffend Übernahme der Lanz-Sammlung, 20.04.1941). Die ca. 440 Einzelobjekte wurden in 110 Kisten und Verschläge verpackt (s.BArch, B 323/1215, fol. 269, Vogelpoel & Noorweegen an Wickel, 03.07.1941; zur ausführlichen Verpackungsliste s. ebd., fol. 312-323).Posseschrieb abschließend anSchmidt-Degener: "Nachdem nunmehr [...] der Abtransport der Sammlung O. Lanz [...] erfolgt ist, möchte ich nicht verfehlen, Ihnen für Ihr freundliches Entgegenkommen in dieser Angelegenheit und die viele Mühe und Sorgfalt, die Sie und Ihre Mitarbeiter dabei aufgewendet haben, meinen allerwärmsten Dank zum Ausdruck zu bringen. Sie haben uns bei der Erfüllung diesesFührerauftrages einen besonders großen Dienst erwiesen und seine Durchführung außerordentlich erleichtert" (s.BArch, B 323/1213, fol. 108, Posse an Schmidt-Degener, 31.07.1941).
  • 3Im Anschluss an die Übergabe der Sammlung Lanz imRijksmuseumfuhr man in das Haus vonGeorg Burkhardt LanzinLaren, Vredelaan 54. Als"Kaufabschlussbedingung" für die Sammlung seines VatersOtto Lanzhatte sich dieser die Ausfuhr von einigen Werken aus dem Kunstbesitz der Lanz-Erben in die Schweiz, wo dieWitwe Lanzlebte, ausbedungen. Es handelte sich um acht Gemälde, die nicht zu der verkauften Sammlung Lanz gehörten (s.BArch, B 323/1214, fol. 154, Wickel an Posse, 26.03.1941) und "die die Familie gern aus traditionellen Gründen in ihrem Schweizer Besitz untergebracht hätte" (s.BArch, B 323/1213, fol. 80, Pouw an Wickel, 27.01.1941).Possebesichtigte diese und "machte keine Bedenken gegen die Ausführung der Gegenstände geltend" (s.BArch, B 323/1213, fol. 76, Aktennotiz von Wickel betreffend Übernahme der Lanz-Sammlung, 20.04.1941). Am nächsten Tag sendeteGeorg Burkhardt Lanzeine genaue Auflistung der acht Gemälde: "1.MainardiMadonna, 2.BotticiniMadonna, 3.WitteInterieur, 4.Jan SteenWahrsagerin, 5.J. v. HuijsumBlumenstilleben, 6.GouginLandschaft, 7.v. GoghStilleben, 8. Mr. v. Hangari [eventuell ist hier derMeister der Anghiari-Schlachtgemeint] (Genre Aufzug)" (s.BArch, B 323/1214, fol. 191, G. B. Lanz an Wickel 21.04.1941).Posseerwarb die Nummern 3 bis 5 für dasFührermuseum(s. Einträge zum20.und23.04.1941), die Familie Lanz ersetzte diese durch Werke vonFerdinand Bol,Paulus Potterund einem Künstler derDou-Schule (s.BArch, B 323/1214, fol. 192, G. B. Lanz an Wickel, 24.04.1941). Die Objekte wurden in zwei separate Kisten verpackt und unabhängig vom Gesamttransport der Lanz-Sammlung überDresdennachLuganoweitergeleitet (s.BArch, B 323/1215, fol. 254-255, Ruoff an Posse bzw. an G. B. Lanz, 20./21.05.1941).
  • 4Gegen

Genua1

GekaufterTizian2 stammt aus einem

Castelo Doria bei Monferrato3.

Vicinanza di Ovata4

Rubinacci

Accorsi

 

Prof. Nigro.5 Genova

Piazza Savonarola 7

 

Ant Haaneman ?6

Sog.van Dyck,Kniestück

eines Herrn vor goldgelbem

Vorhang.

Marquis Henri Danvers

Duc de Danby

4507

 

Rubinacci  Madamit

Heiligen u. Stiftern!

(2 Wörterdurchgestrichen)

 

  • 1Possehielt sich am 7. Juni 1941 in Genua auf (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
  • 2Possehatte am 19. März 1941 für 500.000,- italienische Lire das Gemälde "Ritratto di gentiluomo", das damals als WerkTiziansgalt, beiLuigi CalviinGenuaangekauft (s.BArch, B 323/168, Ita90, Hans Posse, Abrechnung des Sonderkontos bei der Deutschen Botschaft in Rom, 12.05.1942). AnMartin Bormannschrieb er: "Unter den Italienern stehen voran ein lebensgroßes Kniestück eines Doria vonTizian, das trotz seiner hervorragenden Qualität den unwahrscheinlich niedrigen Preis von etwa 60.000 RM gekostet hat [...]" (s.BArch, B 323/103, Nr. 42, Posse an Bormann, 28.04.1941).
  • 3Wahrscheinlich ist die im Piemont gelegene ehemalige Markgrafschaft Montferrato gemeint.
  • 4Vermutlich meintePosse, dass das Castello Doria sich in der Nähe des OrtesOvadabefand.
  • 5Eventuell handelt es sich um den KunsthändlerCostantino Nigro. Es dürfte sich um den Verkäufer oder Vermittler des im Folgenden genannten Werks handeln.
  • 6Vermutlich ist der MalerAdriaen Hannemangemeint.
  • 7Possewurde ein Kniestück, dasHenry Danvers, Earl of Danby, darstellte, für 450.000,- italienische Lire als ein WerkAnton van Dycksangeboten.Possevermutete wohl, dass es sich um ein WerkAdriaen Hannemanshandelte, der wievan Dyckin England gearbeitet und Porträts für die Königsfamilie ausgeführt hatte.

AmsterdamOranje-Nassau-

Hugo Kaufmann     Laan 11

van Dyck,Apostel25.-2

J. Breughel,Ldschft3mit

Windmühlen   20.-4

gekauft  45 000 hfl.

 

Dick(Denijs) Keyzersgracht

5675

Früher Brouwer

(früher Dr. v.Hanger)

30.-6

P. Claesz,Stilleben

15 0007

 

de Boer.

Dubbels,Gr.8Seebild

(Coll.9Dr. Schieffer)

ist anzusehenHilversum.10

Amsterdam

SüdDeutschum 1520,Maria mit Kind

und Nuss.

18 000 fl.  Verdächtig!

(bunt)Dr. OelzeÖlze

(durchde Boer)1

 

Wickel:Paech!2

Deventer- Katz3!

Hannema4

 

S. de Vries

Amsterdam

DanielBillingplan35

   931636

  • 1Der KunsthändlerPieter de BoerhattePosseim April 1941 auf das Gemälde "Maria mit Kind und Nuss" aus dem Besitz vonHugo Oelzeaufmerksam gemacht und ihm eine Fotografie sowie ein Gutachten vonMax J. Friedländerzukommen lassen (s.BArch, B 323/144, Nr. 202, Boer an Posse, 24.04.1941). Nun besichtigtePossewohl das Original und entschied sich aufgrund seiner Vorbehalte gegen einen Ankauf, "da das Gemälde in unserer Sammlung doch zu fremd wirken würde" (s.BArch, B 323/144, Nr. 190b, Posse an Boer, 04.07.1941).
  • 2Der Amsterdamer KunsthändlerWalter Paechhatte sich sowohl mit der Familie Lanz als auch mitPossewegen des Verkaufs der Sammlung vonOtto Lanzin Verbindung gesetzt.PaechhattePosseim März 1941 um eine Provision gebeten, was dieser jedoch abgelehnt hatte (s.BArch, B 323/145, Nr. 156-160, Korrespondenz zwischen Posse und Paech, März/April 1941).Felix William Wickelhatte im April 1941 in einer Besprechung mitGeorg Burkhardt Lanzerfahren, dass "Paechden Verkauf der Sammlung in die Hände bekommen wollte, um diese möglichst [selbst] an eine der obengenannten Persönlichkeiten [diese warenHans Posse,Heinrich HoffmannundKaj Mühlmann], vielleicht auch noch an weitere, in Deutschland anzubieten" (s.BArch, B 323/1214, fol. 176, Aktennotiz von Wickel, 17.04.1941). Möglicherweise war der Sachverhalt noch nicht gänzlich geklärt.
  • 3Eventuell ging es um die Visaangelegenheit fürNathan Katzund dessen BruderBenjamin(s.Seite 0042) oder um die zeitnahe Bezahlung der über dieKunsthandlung Katzerworbenen Gemälde (s.BArch, B 323/113, Nr. 260, Ruoff an Posse, 30.06.1941;BArch, B 323/156, fol. 207, Sonderkonto beim Reichskommissar für die besetzten niederländischen Gebiete, sechs Zahlungen an Katz am 02., 04. und 05.07.1941).
  • 4Gegebenenfalls Veronese-Zeichnung aus Sammlung Koenigs (s. Liste Nr. 40), die im Museum verblieben war (s.BArch, B 323/145, Nr. 196-203).
  • 5Vermutlich notierte sichPossehier in falscher oder phonetischer Schreibweise die Adresse des jüdischen Ehepaars de Vries. Der Amsterdamer KunstsammlerMarcus Frederik de Vrieswohnte mit seiner deutschen EhefrauSolvejg de Vries-Fuchsam Daniël Willinkplein 3 (heute: Victorieplein).
  • 6Es handelte sich wahrscheinlich um die Telefonnummer der Familie de Vries.