01.1942: Wien (0035) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-6)
01.1942: Wien (0035) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-6)
Generalreferent Walter Thomas1
Reichsstatthalterei
1. Rbdt, Selbstbildnis2
erledigt.3
4. Mannheimer. Vor
verkaufte Objekte aus
Hofmuseum (3 Kristalle,
2. kl.6 Verdüren mit
Eingebaute Zimmer
Rothschild ?8
- 1Im Folgenden listete Posse die Besprechungspunkte für oder bei seinem Treffen mit Walter Thomas, Generalkulturreferent im Amt des Reichsstatthalters von Wien, Baldur von Schirach, auf.
- 2Baldur von Schirach wollte die beiden Rembrandt zugeschriebenen Gemälde "Porträt von Hendrickje Stoffels" und "Selbstbildnis im Pelz, mit Kette und Ohrring" aus der Sammlung von Robert von Mendelssohn für die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien erwerben. Ein Telegramm von Walter Thomas an Posse vom 16. Januar 1942 gibt die diesbezüglich anstehende Frage wieder: Baldur von Schirach beabsichtigte, ein Vorkaufsrecht auf die Mendelssohn-Bestände außerhalb des 'Führervorbehaltes' geltend zu machen und wollte von Posse wissen, ob das Rembrandt-Selbstbildnis unter 'Führervorbehalt' fiele, wonach eigentlich Adolf Hitler das Vorkaufsrecht zustünde. Vermutlich da sich im Bestand des Führermuseums bereits vier Selbstbildnisse von Rembrandt befanden, sah Posse von einem Erwerb ab. Baldur von Schirach verzichtete seinerseits "[n]ach der Zusicherung des Herrn Direktor Posse, dass ihn lediglich für den Führererwerb das Porträt der Hendrickje Stoffels interessiere" auf den Ankauf des Porträts zugunsten Posses, der es im März 1942 ankaufte, und erwarb im Februar 1942 das Selbstbildnis (s. Beschluss des Kunstrückgabebeirats vom 15.05.2023).
- 3Diese Notiz betraf die Verhandlungen über das Gemälde "Ganymed" von Peter Paul Rubens aus der Sammlung des Fürsten zu Schwarzenberg aus dem Wiener Palais der Familie. Posse wollte das Gemälde ursprünglich für das Führermuseum "gewinnen" (s. BArch, B 323/164, fol. 51, Nr. 1077, Posse an Bormann, 01.02.1941), jedoch kam letzendlich kein Erwerb zustande (für ausführlichere Angaben s. Eintrag vom 14./15.05.1941).
- 4Hierbei ging es um die Frage, wem der Besitz (Kunstsammlungen und Gebäude) des im April 1941 aufgehobenen Augustiner-Chorherren-Stifts Klosterneuburg zugewiesen werden sollte: der Stadt Wien mit Verwaltung durch die Wiener Städtischen Sammlungen oder dem Reichsgau Wien als Teil des 'Großdeutschen Reichs' mit Verwaltung durch Reichsarchiv, Nationalbibliothek und Kunsthistorisches Museum. Mit "Denkzettel Dworschak" dürfte das Memorandum gemeint sein, das Fritz Dworschak, der vermutlich an dem Treffen mit Walter Thomas teilnahm, noch am 26. Januar 1942 "im Sinne der Ausführungen des Herrn Generalreferenten Thomas" an Posse sandte; er plädierte deutlich dafür, den Stiftsbesitz "als Reichseigentum in Verwaltung des Reichsgaues Wien" zu geben (s. BArch, B 323/123, Nr. 104, Dworschak an Posse, 26.01.1942; ebd. Nr. 105, Memorandum; s. auch die ausgearbeitete "Denkschrift betreffens die Kunstsammlungen des Stiftes Klosterneuburg" vom 25. März 1941, BArch, B 323, Nr. 106-107, deren Ziel es war, den Zugriff der Wiener Städtischen Sammlungen auf die Kunstsammlungen von Klosterneuburg zu verhindern; s. auch Schwarz (2018), S. 148-150). Durch Verfügung vom 18. Februar 1942 wurde festgestellt, dass "die Bestrebungen des Stiftes volks- und staatsfeindlich gewesen sind", sodass am 4. März 1942 "das gesamte bewegliche und unbewegliche Vermögen sowie alle Rechte und Ansprüche" von Klosterneuburg durch die Gestapo zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen wurden (s. BArch, B 323/123, Nr. 103, Pfundtner an Posse, 19.04.1942). Danach konnte der 'Führervorbehalt' auf den Stiftsbesitz angewendet werden.
- 5Machtergreifung. Gemeint ist wahrscheinlich der 'Anschluss' Österreichs an das Deutsche Reich im März 1938.
- 6kleine
- 7Fritz Dworschak beabsichtigte bereits seit Längerem, die Objekte aus der Sammlung von Fritz Mannheimer, die 1938 aus dem Bestand des Kunsthistorischen Museums vom damaligen Direktor Alfred Stix über die Kunsthandlung N.V. Internationale Antiquiteitenhandel an Mannheimer verkauft worden waren, zurückzukaufen (s. BArch, B 323/108, Nr. 238, Dworschak an Posse, 27.09.1941; KHM-Archiv, 246/ED/194, Rückkäufe aus der Sammlung Mannheimer, v. a. Dworschak an Schirach, 30.09.1941; Hopp (2012), S. 290-291). Bei diesen Objekten handelt es sich um die beiden Wandteppiche "Tapijt met het wapen van keizer Karel V [A]" und "Tapijt met het wapen van keizer Karel V [B]" sowie drei Kristallobjekte, die im Tausch gegen den "Wiltener Kelch" (s. Online-Objektkatalog des KHM) veräußert worden waren (s. KHM-Archiv, 230-2-KL-38, Ausfolgung der Gegenstände an Antiquiteitenhandel Amsterdam, 21.09.1938, Nr. 4-5). Posse hatte Dworschak versichert, seine Rückkaufwünsche zu berücksichtigen, jedoch eine endgültige Verteilung der Sammlung Mannheimer erst nach Kriegsende vorzunehmen (s. BArch, B 323/108, Nr. 237, Posse an Dworschak, 04.10.1941). Im Januar 1942 konnte Dworschak die zum Rückerwerb ersehenen Objekte besichtigen, die zusammen mit dem Rest der Sammlung Mannheimer im Kloster Hohenfurth eingelagert worden waren (s. KHM-Archiv, 48/II/ED/1942, Reise Dworschak, Ernst und Heinrich Klapsia nach Hohenfurth, Bericht an den Reichsstatthalter Wien, 22.01.1942; Hopp (2012), S. 292-293).
- 8Posse besprach vermutlich Deponierungsfragen für die aus dem Palais von Alphonse Rothschild in der Theresianumsgasse 16-18 ausgebauten und im Zentraldepot lagernden historischen Wandvertäfelungen und Kamine, die ab dem kommenden Frühjahr abtransportiert werden mussten. Sie sollten eventuell nach Kremsmünster gebracht werden (s. auch Seite 0042).
Identifikator
DKA, NL Posse, Hans, I,B-6 (0035)