Zweites Reisetagebuch
Zimmer 1281
1. März 40.München
Führerdepot(Neuerwerbgen)2
Amerling, Frauenbrustbild
mit schwarzem Schleier, im Profil3
Bilder derFrau v. L.4
KopieEremitageWerkstatt.35 Mille5
(Brustbild)
4Holl.8KüstenbildCuyp ?van de Velde9
dat.101589 aufTurm
- 1Possewohnte inMünchenim Hotel Grünwald (s.BArch, B 323/103, Nr. 230, Posse an Bormann, 22.02.1940) und notierte sich hier die Nummer seines Hotelzimmers.
- 2Gemeint ist das Depot im Führerbau in der Arcisstraße 12 inMünchen, woPossemit dessen VerwalterHans Regerdie Neuerwerbungen durchsah. Dort hatte er auch die Luftschutzkeller auf ihre Eignung als Depot für die für dasFührermuseumbestimmten Gemälde ausWienhin besichtigt: "Ich halte die in Aussicht genommenen Räume für die Unterbringung der Wiener Gemälde für sehr geeignet und werde im Einvernehmen mit Herrn Arch[itekt]Regerzu geeigneter Zeit den Abtransport der Bilder ausWiendorthin veranlassen" (s.BArch, B 323/103, Nr. 225, Posse an Bormann, 06.03.1940).
- 3Gemeint ist eventuell das Gemälde "Junge Frau mit schwarzem Schleiertuch".
- 4Possewar Anfang Februar beauftragt worden, bei seinem nächstenMünchen-Besuch einige Kunstwerke aus dem NachlassFranz von Lenbachszu beurteilen, die dessenWitweHitlerzum Verkauf angeboten hatte (s.BArch, B 323/103, Nr. 242, Bormann an Posse, 05.02.1940). Die Besichtigung fand zusammen mitWoldemar BrinkmannbeiAdolf ZieglerimDoerner Institutstatt, dort befanden sich "außer einer Reihe von KopienLenbachsnach bekannten Gemälden nur fünf Bilder, die zum Ankauf angeboten werden" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 06.03.1940). Diese fünf Objekte zähltePosseim Folgenden auf (für Nr. 5 s. Seite0046). Von einem Kauf riet er entschieden ab, die Gemälde seien "der kümmerliche Rest der einst bedeutenden Lenbach'schen Sammlung" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 06.03.1940).
- 5AnMartin BormannschriebPosse, diesesRubens-Gemälde sei "im besten Fall eine mäßige Werkstattarbeit, an vielen Stellen übermalt, nach einer bekannten Originalversion des Meisters" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 06.03.1940), was er hier mit "Kopie Eremitage Werkstatt" präzisierte. LautPossehandelt es sich bei diesem Bild demnach um eine Werkstattkopie desRubens-Originals in derEremitageinSt. Petersburg, womit vermutlich das Werk "Bündnis der Erde mit dem Wasser" (s.Eintrag im Online-Objektkatalog der Eremitage) gemeint ist. Dass für das angebotene Gemälde nur "35 Mille", also 35.000,- Reichsmark, gefordert wurden, war für Posse ein weiterer Hinweis darauf, dass es kein Original vonPeter Paul Rubensist (s. BArch, B 323/103, Nr. 225, Posse an Bormann, 06.03.1940).
- 6Sogenannter
- 7lebensgroßes
- 8Holländisches
- 9Posseverwarf seine Zuschreibung des "Küstenbildes" an ein Mitglied der niederländischen Künstlerfamilie umGerrit Cuyp, dessen Nachkommen v. a. im 17. Jahrhundert als Maler tätig waren. Stattdessen gab er ein Mitglied der van de Veldes, einer niederländischen Malerdynastie des 17. Jahrhunderts, deren Vertreter besonders für ihre Seestücke bekannt sind, als Künstler des Gemäldes an.
- 10datiert
2.Jan Gossaert,Bildnis Carandolet
4. Graphik:Dürer,Rbdt.Cranach.
Centraldepot. Gebrauchsmöbel5
BlumenPalmkübel mit
UntersätzerLR 496 a b6,
Kantonporzellan(ohne Nr.)
AR 2699Silberrelief
- 1Sammlung
- 2Gemeint ist die Kunstsammlung vonRudolf Gutmann. Bei der Inventarisierung der Sammlung waren drei Gemälde (nachfolgend vonPosseunter 1. bis 3. genannt) nicht aufgefunden worden. Ende 1938/Anfang 1939 waren Nachforschungen zu deren Verbleib durchgeführt worden (s. KHM-Archiv, AKM 1938 295/KL Mappe Beschlagnahmter Kunstbesitz Rudolf Gutmann I. Beethovenplatz 3).
- 3Posseerfuhr vonFritz Dworschak, dass sich das das gesuchte "Selbstporträt mit Mütze und goldener Kette" vonRembrandtaus der Sammlung Gutmann als Leihgabe in der Kunstgalerie desFürsten von Liechtensteinbefand (s. KHM-Archiv 1938 295/KL Mappe Beschlagnahmter Kunstbesitz Rudolf Gutmann I. Beethovenplatz 3; s. auchEintrag vom Vortagauf Seite 0052)
- 4Das kleine Ölgemälde "Maria mit dem Kinde" vonMartin Schongaueraus der Sammlung Gutmann war 1938 an dieAlte PinakothekinMünchenverkauft worden.
- 5Fritz Dworschakhatte imZentraldepotdie beschlagnahmten Gebrauchsmöbel und Ausstattungsgegenstände aus den Wiener Rothschild-Palais aufstellen lassen.Possenahm nun die "Führerauswahl" vor (s.Schwarz (2018), S. 86, 90 und 99), anschließend trafDworschakeine Auswahl für die Ausstattung der Neuen Burg, die museal genutzt werden sollte. 1940 wurde die Neue Burg offiziell zum Museumsgebäude ernannt und mit den zugeteilten Objekten repräsentativ ausgestattet (Haupt (1995), S. 40-41).
- 6Hierbei handelt es sich um die Beschlagnahmekatalognummer der beiden "Palmkübel" aus der Sammlung vonLouis Rothschild.
- 7Bei dieser sowie den beiden folgenden alphanumerischen Kombinationen handelt es sich um die jeweilige Beschlagnahmekatalognummer der Objekte in der Sammlung vonAlphonse Rothschild.
- 8Posse datierte die Möbel in das 18. Jahrhundert, zur ZeitLudwigs XVI.
5. III. 40. 100Denkmalsamt.
sprechung RechtsanwaltDr. Hummer
über Verkäufe aus Slg.4Dr. Eissler
u. Morelli.5-Dr. Frodel(Kunst-
werke der südtiroler Umsiedler.)6
BeiDr. Dworschak. - Mit
6. III.Denkmalsamt. - 130bei
Staatskom.7Dr. Plattner.8-Zentraldepotmit
Dr. Ruprecht(Möbel u. Gobelins).9
X Garnitur1 BankGu 32210, 4 Arm-
sessel,8 EmpiresesselGu 32011
alle mit gestickten Bezügen.
AR 546121 Bank, 4 Armsessel
xGobelinbezüge
Stilmöbel alte Be-
spannungen
52
- 1Listenprüfung
- 2Sammlung
- 3Possebesprach die Verteilungslisten der Objekte aus der Kunstsammlung vonOscar Bondyauf die Museen der 'Ostmark'.
- 4Sammlung
- 5Bei dieser UnterredungPossesam 5. März 1940 mitArnulf Hummer, dem Rechtsvertreter vonBerta Morelli, der unehelichen Tochter vonHermann Eissler, ging es um die Kunstsammlung von HermannundHortense Eisslersowie die Ansprüche seiner KlientinBerta Morelliauf einzelne Kunstwerke dieser Sammlung. Die Verhandlungen wurden am 8. März 1940 weitergeführt (s.Seite 0064).
- 6Bereits im Februar 1940 hatteWalter FrodlPossedarauf hingewiesen, dass Umsiedler aus Südtirol (sog. Optanten) Kunstwerke mit ins Deutsche Reich brachten, die dann in den Kunsthandel gelangten.PossehatteMartin Bormanndie Problematik geschildert und auch in diesem Fall ein Vorkaufsrecht fürAdolf Hitlervorgeschlagen (s.BArch, B 323/103, Nr. 237, Posse an Bormann, 10.02.1940). Nun besprach er diese Angelegenheit mitWalter Frodl(s.Schwarz (2018), S. 96).
- 7Staatskommissar
- 8PossetrafFriedrich Plattner, der mit der Verwaltung der beschlagnahmten und sichergestellten Kunstwerke betraut war.
- 9Zusammen mitLeopold Ruprecht, der für die Inventarisierung der Raubkunstbestände imZentraldepotzuständig war, sahPosseim Folgenden Möbel, Einrichtungsgegenstände und Gobelins durch.
- 10Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer der Bank aus der Sammlung vonRudolf Gutmann.
- 11Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer der Sessel aus der Sammlung Gutmann.
- 12Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer der Möbel aus der Sammlung vonAlphonse Rothschild.
xAR 546a/b, passend zu
546 a d e- -2
x AR 621Tisch
x AR 49kleiner Egerer
x AR 554kl.3Schreibtisch
x Gu 2294a/b2 Etageren
x -5276
x Gu 294Gr.6Schreibtisch
(Empire)
[Goldonibüstebez.7
E. P Francin17838
X Gutm. 318Gr. Rokokoschrank
- 1Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer des Objekts aus der Sammlung vonAlphonse Rothschild. Dies gilt ebenso für die folgenden alphanumerischen Kombinationen.
- 2Es handelte sich um eine Möbelgarnitur, die aus sechs Armlehnstühlen und einem Kanapee bestand.
- 3kleiner
- 4Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer des Möbelstücks aus der Sammlung vonRudolf Gutmann. Dies gilt für alle folgenden alphanumerischen Kombinationen auf dieser Seite.
- 5Possesetzte hier ein Unterführungszeichen, d. h. das nachfolgend genannte Werk stammte ebenfalls aus der Sammlung Gutmann.
- 6Großer
- 7bezeichnet [=signiert]
- 8Nennung von Künstler und Datierung der zuvor genannten Büste