12.05.1941: Wien (0049) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-5)
12.05.1941: Wien (0049) (DKA, NL Posse, Hans, I,B-5)
211986 Reichsstatthalter Wien1
GauReichsleiter) v. Schirach
Dienstag 130 Gauhaus
nur in Verwahrung10
Nicht verlangte Reste13
Der Priester !19
Prof. Carl Moll Wollergasse 10
Bachstitz (RA.23 Dr. Hans Bolt
I. Schottengasse 3 2
- 1Am Mittag des 12. Mai 1941 fuhr Posse mit dem Zug von Linz nach Wien, wo er bis zum 15. Mai blieb (s. DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch). Er vermerkte hier zunächst seinen Termin mit Baldur von Schirach am Dienstag, den 13. Mai 1941, im Wiener "Gauhaus", dem vormaligen Parlamentsgebäude (s. Homepage des Parlaments der Republik Österreich). Im Folgenden notierte er die weitere Agenda für seinen Wienaufenthalt. Die Durchstreichungen markieren vermutlich die erledigten Punkte.
- 2Mit Herbert Seiberl, dem Leiter des Instituts für Denkmalpflege, war die Angelegenheit der Kunstsammlung von Bruno Jellinek zu besprechen, die das Wiener Landgericht im Januar 1941 als "verfallen" erklärt hatte, sodass sie für die Anwendung des 'Führervorbehalts' zur Verfügung stand. Jedoch war die Sammlung bei einer Spedition eingelagert und für Posse noch nicht zugänglich (zu Posses Interesse an Kunstwerken aus der Sammlung s. Seite 0052; zu Posses Forderungen auf Zugang zur Sammlung s. Seite 0053).
- 3Ein weiterer wichtiger Punkt war die Zuteilung des Kunstbesitzes aus dem aufgelassenen Kloster St. Paul im Lavanttal (s. Seite 0053).
- 4Sammlung
- 5Posse besprach mit Herbert Seiberl das Vorgehen im Falle der Restbestände der Sammlung von Rudolf von Gutmann, deren Verwertung die Gestapo übernehmen wollte. Posse bestand darauf, dass der 'Führervorbehalt' und damit die schon begonnene Verteilung auf die österreichischen Museen weitergeführt werden müsse (s. BArch, B 323/106, Nr. 527-528, Seiberl an Posse, 21.04.1941; ebd., Nr. 476-477, Posse an Seiberl, 29.04.1941).
- 6Bibliothek
- 7Hierbei handelt es sich um ein Unterführungszeichen für den Namen "Gutmann". Zum beschlagnahmten Besitz Rudolf von Gutmanns gehörte auch eine Bibliothek, deren Bestände von der Nationalbibliothek in Wien treuhänderisch übernommen worden waren; diese erhob nun Anspruch darauf (s. Hall/Köstner (2006), S. 127-128). Posse zog sie jedoch für die geplante "Führerbibliothek" in Linz in Betracht; auch in diesem Fall bestand er auf Anwendung des 'Führervorbehalts', sodass eine Entscheidung Adolf Hitlers eingeholt werden sollte (s. BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 7, Posse an Seiberl, 29.04.1941).
- 8Gemeint ist das wertvolle Druckwerk "Die Bilder der Hedwigslegende" von Adolf von Wolfskron aus dem Jahr 1846 (s. Digitalisat der Ausgabe der Österreichischen Nationalbibliothek), das sich in der Gutmann-Bibliothek befand und von Direktor Paul Heigl nachdrücklich für die Wiener Nationalbibliothek gewünscht wurde (s. Hall/Köstner (2006), S. 148-149).
- 9Bibliothek
- 10Posse hatte vor, die kunsthistorische Bibliothek Oscar Bondys, die ca. 300 Bände umfasste, für eine Fachbibliothek des Führermuseums in Anspruch zu nehmen. Er erfuhr von Herbert Seiberl, dass sie lediglich denkmalbehördlich sichergestellt und noch nicht eingezogen worden war, sodass sie für eine Zuteilung noch nicht zur Verfügung stand.
- 11Zur Sammlung von Serena Lederer s. Seite 0051.
- 12Es ging vermutlich um ein Aquarell oder Gemälde Rudolf von Alts, das den Brückenturm auf der Kleinseite in Prag zeigt; der Künstler hat einige Kunstwerke mit diesem Motiv hergestellt.
- 13Vermutlich ging es um die Verteilung der Restbestände aus beschlagnahmtem jüdischen Besitz. Für diejenigen Kunstwerke, die bisher weder dem Führermuseum noch anderen Museen zugewiesen und auch von keiner weiteren Institution gefordert worden waren, musste ein Verteilungsvorschlag erarbeitet werden.
- 14Das Institut für Denkmalpflege war dabei, für die im Mai 1939 aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl. Nr. 80/1923) sichergestellte Kunstsammlung von Albert Pollak einen Verteilungsvorschlag zu erstellen und Seiberl dürfte diesen mit Posse besprochen haben, v. a. in Bezug auf die Frage, was mit den übrigen, nicht von den Museen angeforderten Objekten geschehen sollte (s. Schwarz (2018), S. 128 und 130-131).
- 15Herbert Seiberl hatte Posse auf ein von der Vugesta angebotenes großformatiges Fischhändler-Bild von Hans Canon hingewiesen (s. BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 7, fol. 2, Seiberl an Posse, 07.04.1941) und Posse hatte ihn daraufhin gebeten, "den definitiven Preis gelegentlich erkunden zu wollen" (s. BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 7, fol. 5, Posse an Seiberl, 15.04.1941). Nun teilte ihm Seiberl mit, dass das Gemälde 4.000,- Reichsmark kosten sollte.
- 16Zu den Verhandlungen um Kunstwerke aus dem Besitz von Berta Morelli s. Seite 0053.
- 17Über einige Kunstwerke aus dem Besitz des in die Niederlande emigrierten österreichischen Kunsthändlers Kurt Bachstitz war aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl. Nr. 80/1923) eine Ausfuhrsperre verhängt worden; ein Teil der Gegenstände wurde als Pfand bei der Spedition E. Bäuml in Wien eingelagert (s. Lillie (2003), S. 114). Bereits im März 1940 hatte Posse dort Objekte besichtigt (s. Hans Posse, I,B-3, Seite 0064). Bachstitz hatte Posse im Dezember 1940 erneut auf zwei Kunstwerke hingewiesen, die sich in seinem Wiener Depot bei der Spedition Bäuml befanden: "2 Holzbüsten - Bamberg 15. Jhr. darstellend Kaiser Heinrich II (973-1024) und Kaiserin Kunigunde" (s. BArch, B 323/144, Nr. 74, Bachstitz an Posse, 04.12.1940). Vermutlich hatte Posse vor, sich während seines Wienaufenthalts um die Angelegenheit zu kümmern und notierte sich ganz unten die Adresse von Bachstitz' Wiener Rechtsanwalt Hans Bolt.
- 18Auf Posses Agenda stand zudem ein Anruf bei Ludwig Bittner, vermutlich, um sich mit ihm zu verabreden und sein Anliegen zu besprechen. Am Abend des 13. Mai 1941 (s. Seite 0045) traf Posse die Wiener Archivare Ludwig Bittner und Oskar von Mitis. Bittner hatte wegen Raumnot um Unterstützung für einen Erweiterungsbau des Reichsarchivs Wien gebeten. Posse berichtete Adolf Hitler am 20. Mai persönlich von der "Notlage des Reichsarchivs Wien" und wurde aufgefordert, eine Stellungnahme einzureichen (s. Schwarz (2018), S. 139-140); am 31. Mai sandte er einen ausführlichen von Bittner verfassten Bericht an Martin Bormann (s. BArch, B 323/164, Schreiben Posse an Bormann vom 31.05.1941 nebst dreiseitigem Bericht).
- 19Vermutlich ging es um Julius Priester. Aus dessen Sammlung waren 14 Kunstwerke aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl. Nr. 80/1923) sichergestellt worden. Posse zeigte Ankaufsinteresse für vier Gemälde und versuchte, Kontakt mit dem Eigentümer aufzunehmen, erhielt jedoch keine Antwort (zur Sammlung s. BDA-Archiv, Rest.-Mat., K. 13, M. 5).
- 20Posse beabsichtigte, mit Ludwig Baldass über das Gemälde von Abraham Bloemaert aus der Sammlung von Bruno Jellinek zu sprechen, das aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl. Nr. 80/1923) zur Ausfuhr gesperrt war und vom Kunsthistorischen Museum verwahrt wurde (s. BArch, B 323/1203, Sicherstellungen und Beschlagnahmen in Wien im Jahr 1939, fol. 41). Im Oktober 1941 verzichtete Posse auf dessen Erwerb für das Führermuseum zugunsten des Kunsthistorischen Museums (s. BDA-Archiv, RestMat., K.13, Posse an Zykan, 31.10.1941).
- 21Zu den Angeboten der Galerie Sanct Lucas s. Seiten 0054 und 0055.
- 22Posse notierte sich Adresse und Telefonnummer von Carl Moll, den er am 13. Mai 1941 in seinem Haus aufsuchte, wo dieser ihm einige Gemälde anbot (s. Seite 0052; Schriftverkehr Posse/Moll s. BArch, B 323/139).
- 23Rechtsanwalt
Identifikator
DKA, NL Posse, Hans, I,B-5 (0049)