Zweites Reisetagebuch
InInnsbruck(DepotFerdinandeum)
befindet sich "Tod Mariä"
ca 80 h.1, das stilist.2zu Flügeln
desMauerscherAltarsgehört
u. in gewissem Zusammenhang
zu Bondy,Pfingstfeststeht.3
Ebenso2 große Thonapostel
von Ölberg beiSuse Ullmann
Gute Sachen vonAuspitzbei
Bachstitz,AmsterdamHaag. Diese
Stücke sind zur Ausfuhr nicht
Vermeer.9 Erbschaftssteuer ca 500 000
Gefordert 2 Mill.10 Vermittler 200 000
also 1 4550 000 - (entsprechend 150 000
schätzg11Graf Czernin+)
davon abhandeln = 550 000
21
- 1hoch
- 2stilistisch
- 3Herbert Seiberlwar ein Fachmann für denAltar, der in den Jahren 1937 bis 1941 in der Restaurierungswerkstatt derZentralstelle für Denkmalschutzrestauriert wurde (s.Frodl-Kraft (1997), S. 204, Anm. 380 und Abb. 54-55). Von ihm stammt vermutlich der Hinweis auf das Werk "Tod Mariä" im Depot desTiroler Landesmuseum FerdinandeumsinInnsbruckund den stilistischen Bezug zu dem ReliefPfingstfestaus der Kunstsammlung vonOscar Bondy. Vielleicht zog Posseauf Anraten vonSeiberlden "Tod Mariä" für das geplante Führermuseum in Betracht. Eine Entscheidung darüber war zu diesem Zeitpunkt nicht möglich, da sich das Kunstwerk noch im Depot desFerdinandeumsbefand. Am 23. März 1940 teilteSeiberlmit, dass es inzwischen inWieneingetroffen sei und zur Besichtigung zur Verfügung stehe (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 3, fol. 34, Seiberl an Posse, 23.03.1940).
- 4Sammlung
- 5Wie das Kürzel "L. [=Linz]" zeigt, zogPossedie nachfolgend genannten Kunstwerke aus der Sammlung Reinitz/Ullmann für dasFührermuseumin Betracht. Eventuell bezieht sich das Kürzel auch auf das darüber genannte "Pfingstfest" aus der Sammlung Bondy oder auf das Werk "Tod Mariä".
- 6Possekorrigierte den Eintrag "Slg. Reissinger", wobei es sich wahrscheinlich um die Kunstsammlung vonLuise Reisingerhandelt, die nur Kopien nach Altmeister-Gemälden enthielt. Gemeint ist indes die Kunstsammlung vonStephan ReinitzundSusanne Ullmann, in der sich die zwei im Folgenden erwähnten Apostelfiguren befanden.
- 7Posseinteressierte sich für die beiden Tonplastiken "Christus" und "Petrus" aus der Kunstsammlung vonStephan ReinitzundSusanne Ullmann(s.BArch, B 323/1203, fol. 113 und 254, Sicherstellungen und Beschlagnahmen in Wien im Jahr 1939, "Führerauftrag Linz", Liste der "Sicherstellungen"). Die genannten Plastiken waren Teil einer Ölberggruppe, einem Bildtypus, der den betenden Jesus zusammen mit einigen seiner - meist schlafenden - Jünger in der Nacht vor seiner Kreuzigung im Garten Gethsemane darstellt.
- 8Der BankierStefan Auspitzhatte nach dem Konkurs seines Bankhauses im Jahre 1931 seine Kunstsammlung an den bis 1938 inWientätigen jüdischen KunsthändlerKurt Bachstitzfür dessenGalerieinDen Haagverkauft. Über einige Objekte war aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl.Nr. 80/1923) eine Ausfuhrsperre verhängt worden. Ein Teil der Gegenstände wurde als Pfand bei der WienerSpedition E. Bäumleingelagert (s.Lillie (2003), S. 114). Auf diese machteHerbert SeiberlPossenun aufmerksam. Bald darauf sollte er Fotos anPossenachDresdensenden, die dieser am 1. Februar 1940Hitlervorlegte, welcher Interesse an drei spätgotischen Holzfiguren zeigte (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 2, fol. 9-10, Posse an Seiberl, 05.02.1940). Der Ankauf kam jedoch nicht zustande.
- 9Gemeint ist das Gemälde "Die Malkunst" vonJan Vermeer, das sich im Besitz desGrafen Jaromir Czernin von Chudenitzbefand.Possestellte im Folgenden eine kurze Kalkulation für den geplanten - und später auch mit 1,65 Millionen Reichsmark durchgeführten (s.Hehenberger/Löcher (2013)) - Ankauf des Kunstwerkes für dasFührermuseumauf.
- 10Millionen
- 11Schätzung
Abschied der A
WurzelJesseca 120001
xAntiker Goldschmuck Szolnay
(zu kaufen)2
Große antike Grabreliefe
von Insel Thasos (Szolnay)3
Antikenslg4:Prof. Dr. Fritz
Plastik5:Dr. Klapsia
xBeawuais6-Füllungen (Panneaux7)
aus Rothschildpalais (zw.8Museums-
saal u. Haager Salon).9
28
- 1Posseerwartete für das Gemälde "Wurzel Jesse" einen Kaufpreis von mindestens 12.000,- Reichsmark, konnte es jedoch "für den sehr günstigen Preis von 6600 RM" ankaufen (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 06.02.1940).
- 2Im Juni 1939 war aus dem Besitz von Paul Zsolnayeine bedeutende Sammlung von antikem - vorrangig hellenistischem - Goldschmuck und Gemmen aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes sichergestellt worden (s. § 4a BGBl.Nr. 80/1923). Der Bestand umfasste 65 Nummern (ca. 195 Einzelstücke, s.BArch, B 323/1203, fol. 263-268, Sicherstellungen und Beschlagnahmen in Wien im Jahr 1939, "Führerauftrag Linz", Liste der "Sicherstellungen"). Posseerwarb daraus14 Stücke antiken Goldschmucks, von denen zehnAdolf Hitlerzu seinem Geburtstag am 20. April 1940 als "eine besondere Freude" überreicht wurden (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 3, fol. 5, Posse an Seiberl, 18.04.1940).
- 3In der Kunstsammlung von Paul Zsolnaybefanden sich u. a. ein Weihrelief und einGrabreliefvon Thasos, auch Thassos, einer griechischen Insel im Thrakischen Meer der nördlichen Ägäis (s.Lillie (2003), S. 1361).
- 4Antikensammlung;
Possenotierte sich im Folgenden den Namen des damaligen Direktors derAntikensammlungdesKunsthistorischen MuseumsinWien.
- 5Possemeinte dieSammlung für Plastik und Kunstgewerbebzw. notierte sich den Namen des damals zuständigen Kustos für Plastik/Skulptur desKunsthistorischen MuseumsinWien.
- 6Gemeint ist dieGobelinmanufakturin der französischen StadtBeauvais.
- 7von französisch "panneau" für Platte oder Schild, hier in Bezug auf Stoffbahnen bzw. Gobelins als Wandbehang/-verkleidung
- 8zwischen
- 9Possewar während seinesWien-Aufenthaltes im Oktober 1939 vonFritz Dworschakinformiert worden, dass sich im fürNathaniel von Rothschilderrichteten Rothschildpalais in der Wiener Theresianumgasse noch eingebaute historische Wandverkleidungen, Kamine u. Ä. befanden, die Teil der Kunstsammlung vonAlphonse Rothschildwaren (zu den Rothschild-Palais und ihrer Innenausstattung s.Nierhaus (2008)). Am 26. Oktober 1939 hatte er beiAdolf Hitlerderen Ausbau beantragt, "damit sie fürLinzund andere Museums- und sonstige Bauten verwertet werden können" (s.BArch, B 323/103, Nr. 258, Posse an Bormann, 26.10.1939). Nach seinemWien-Besuch im Dezember 1939 hattePosseMartin Bormannum Anweisung an den Sicherheitsdienst gebeten, diesen Ausbau endlich vorzunehmen und die ausgebauten Teile insZentraldepotzu bringen (s.BArch, B 323/103, Nr. 248, Posse an Bormann, 14.12.1939). Nun wurdePossein derZentralstelle für Denkmalschutzvermutlich noch einmal auf einige Tapisserie-Panneaux hingewiesen, die sich zwischen dem sogenannten "Museumssaal" und dem "Haager Salon", einem ausDen Haagstammenden Prunkraum des 17. Jahrhunderts, befanden. Möglicherweise wurde die Frage aufgeworfen, ob man diese nicht in dasFührermuseumeinbauen könne. NachdemHitlerdiesem Vorschlag am 1. Februar 1940 zugestimmt hatte, ließ sichPossevonLeopold RuprechtFotos der Panneaux mit den genauen Maßen senden, um die Details mit dem für dasFührermuseumzuständigen ArchitektenRoderich Fickzu besprechen (s.BArch, B 323/108, Nr. 292, Ruprecht an Posse, 09.04.1940). Bei den betreffenden Panneaux handelte es sich wahrscheinlich um "Zwei Panneaux, Bacchantenzug, Bekrönung einer Herme des Pan" (AR 698, s.zdk-online), "Supraporten, Panneaux, Schäferszenen" (AR 3524, s.zdk-online), "Acht Panneaux, Grotesken mit Medaillons in Wedgewood-Art" (AR 3525, s.zdk-online) und "Drei Panneaux, Huldigung der Ceres, Weinlese und Getreideernte" (AR 3535, s.zdk-online).
Innsbruck: Als Ersatz für
großenHals, der ursprüngl.1 Inns-
OvalbildnisHals. als Leihgabe3
EbensoMarx Reichlich,Tempelgang.
Pacher, Brixener Meister4
2 westdeutsche got.6Leuchter-
halter (Engel) h.74346cm
(Taxe1200 RM) Alabaster8
nachGöttweigKloster- u-
Kirchenbesichtigung. Gg.9Abend
210zurück nachWien
8. III.Seiberl Bildteppiche Bondy12
- 1ursprünglich
- 2eventuell
- 3Zur "Frans Hals-Frage" siehe auchEintrag vom 01.02.1940.
- 4Oswald Trapp, der Direktor desInnsbrucker Ferdinandeums, forderte die Zuteilung von Kunstwerken Tiroler Herkunft aus dem Bestand desKunsthistorischen MuseumsinWienan dasFerdinandeum(s.Schwarz (2018), S. 82;BArch, B 323/117, Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939). In seinen Forderungslisten führte er u. a. auf:
"Tempelgang MariaeundHeimsuchung, letzteres mit Wappen der StadtHall" vonMarx Reichlich,
"Vermählung Mariaeund Grablegung Christi; zwei Flügelfragmente vom Salzburger Altar [...]", "Die Hl. Barbara. (1933 aus der Sammlung Colli erworben)" und "2 Flügel mit Darstellungen aus der Laurentiuslegende" vonMichael Pacher,
"Hl. Dreifaltigkeit zwischen dem Hl. Markus und Antonius" und "Hl. Sebastian" vonFriedrich Pacher
sowie "Anbetung der Heiligen Drei Könige" der Brixner Schule (s.BArch, B 323/117, Nr. 683, Trapps Wunschliste mit Werken aus dem Kunsthistorischen Museum Wien, gehörig zu Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939).
Possebesprach, ob die oben aufgeführten Werke desKunsthistorischen Museumsals Leihgaben an dasInnsbrucker Ferdinandeumgegeben werden konnten. Dieser Plan wurde jedoch nicht ausgeführt, da sichAdolf Hitlerfür die Unantastbarkeit der Bestände desKunsthistorischen Museumsund generell der historischen Sammlungsbestände der Museen des Deutschen Reichs aussprach (s.Schwarz (2018), S. 68-70).
- 5Am 07. März 1940 fuhrPossenachGöttweig, um "die noch vorhandenen Bestände an Kunstwerken des aufgehobenenKlosters GöttweigbeiKrems a. d. Donaudurchzusehen". Die StadtKremshatte die Kunstwerke nach Einzug des Vermögens des Benediktiner-Stifts zum 15. September 1939 abtransportieren lassen und teils ins Stadtmuseum oder in Depots verbracht, teils auch Amtsräume des Rathauses damit ausgestattet (s.Spevak (2006), S. 145-146;Schwarz (2018), S. 99-101). Am 16. März 1940 berichtetePosseanMartin Bormann, dass im Stift selbst "[a]ußer der berühmten [...] Bibliothek [...] nicht Bedeutendes an Kunstwerken erhalten" sei und forderte die Erweiterung des 'Führervorbehalts' auf die Kunstsammlungen, Archive und Bibliotheken der Klöster - eventuell sogar rückwirkend (s. BArch, B 323/103, Nr. 223, Posse an Bormann, 16.03.1940; s.Seite 0081).
- 6gotische
- 7hoch
- 8Vermutlich sahPossevor der Abfahrt nachGöttweigzusammen mitHerbert Seiberlnoch denkmalbehördlich sichergestellte Kunstwerke durch und notierte sich hier zwei Leuchterengel zum Preis von 1.200,- Reichsmark.
- 9Gegen
- 10Kellerbesichtigung.
Vermutlich inspiziertePossein den Kellern vonFurtheingelagerte Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke aus dem Besitz des enteignetenBenediktiner-Stifts Göttweig.
- 11Franz Retter, der Oberbürgermeister vonKrems, war von der Gestapo als kommissarischer Verwalter des aufgehobenenStifts Göttweigeingesetzt worden. Unklar bleibt, obPosseihn getroffen hatte oder sich den Namen für die zukünftigen Verhandlungen notierte.
- 12Herbert SeiberlmachtePosseauf die Bildteppiche aus der Sammlung vonOscar Bondyaufmerksam, die sich nicht in Verwahrung derZentralstelle für Denkmalschutzbefanden, sondern imZentraldepotin der Neuen Burg; dort war ein Depot für Bildteppiche angelegt worden, woPosseam Nachmittag desselben Tages mitLeopold Ruprecht eine "Gobelindurchsicht" vornahm (s.Eintrag vom 08.03.1940; zu den notierten Gobelins s. Seiten0060und0061).