Drittes Reisetagebuch
Foto-Album3
Holland 2. Hälfte Sept.4 Neder/ 1807 - 82
Neue Adresse u Telef.5
Danksagungen der aus beschlag-
nahmtem Besitz bedachten Samm-
lungen.6
Slg. Königs8
Südtirol.9
Ausstellg. 1861815- 1510
Chef der Sicherheitspolizei u. des SD.
BerlinS W 11
Prinz Albrechtstr. 8
Sendung Prof. Petersen.11
- 1Eintrag Diensttagebuch (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch): "4. September 1940: 705nachBerlin. - in derReichskanzleiDurchsicht der vonProf. Hoffmannaus Holland angebotenen Bilder (hauptsächlich Bilder vonGoudstikker). Nach dem Mittagessen weitere Durchsicht (i. G. ca. 250) mitProf. Hoffmannu.Frau Almas; mit dieser dann noch in die Lennéstraße, wo noch einige 100 Bilder derselben Provenienz lagern. 3/4 70abends zumFührerbefohlen in dieReichskanzlei. Erneute Durchsicht des einen Teiles der Bilder; anschließen 1/2 90Abendessen; anschliessend Durchsicht des übrigen Teils. Gg. 120Luftschutzkeller bis ca 215Etwa 30ins Hotel mitSeyss-Inquart."
- 2Reichsleiter
- 3Nach Abschluss der ersten 'Führerzuteilung' von beschlagnahmten jüdischen Kunstsammlungen an die Museen der Ostmark, darunter dasNeue Kunstmuseum Linz (Führermuseum), hatteHitlereine Aufstellung der Gemälde für seineLinzerGemäldegalerie gefordert.Possestellte am 31. Juni 1940 ein erstes Inventar der Gemälde fertig, das er am 7. August anBormannsandte. Nun besprach er mitReichsleiter Martin Bormanndie Herstellung eines entsprechenden Fotokataloges (s.Schwarz (2004), S. 50-51).
- 4Gegenstand des Gesprächs war auchPossesnächste Reise in die Niederlande, die für die zweite Septemberhälfte geplant war.
- 5Possewar aus derDresdnerInnenstadt, Wiener Straße 101, nachHellerau bei Dresden, Tännichtweg 14, umgezogen, in ein 1903 vonHeinrich Tessenowerrichtetes Haus (s.Rudert (2015), S. 127). Im September 1939 war er vom Sächsischen Ministerium angewiesen worden, auch außerhalb der Dienstzeiten und nachts ständig erreichbar zu sein. Nur das Haus inHellerauhatte Tag- und Nacht-Postzustellung (s.BArch, B 323/103, Nr. 160). Nun übermittelte erBormannseine neue Privatadresse und Telefonnummer.
- 6Possehatte kurz zuvor die erste Verteilung von 'Führerspenden' beschlagnahmter jüdischer Kunstsammlungen an die österreichischen Museen abgeschlossen. Nun überbrachte er Danksagungen der bedachten Institutionen (s.Schwarz (2018), S. 113-114).
- 7Possebesprach mitBormannden Ankauf einer fast vollständigenSammlung des grafischen WerkesvonDaniel Chodowiecki, ca. 2000 Blatt Kupferstiche, aus dem Besitz vonFranz ElpertinginMagdeburg.Posseschlug vor, dieSammlung, falls nicht fürLinz, fürKönigsbergzu verwenden (s.BArch, B 323/103, Nr. 169b, Posse an Bormann, 24.08.1940). Der Ankauf wurde am 12. September 1940 für 10.000 RM durchgeführt (s.BArch, B 323/149, Nr. 52-72). DieSammlungbefindet sich imKupferstich-Kabinett Dresden(s.Schwarz (2012), S. 143-149).
- 8Ein weiteres Gesprächsthema war der Ankauf der Altmeister-Handzeichnungssammlung vonFranz Koenigs.
- 9Nach dem Optionsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und Italien übersiedelten viele Südtiroler ins Deutsche Reich und brachten Kunstwerke mit, die häufig auf den Kunstmarkt gelangten (vgl. Einträge vom29.03.1940und10.04.1940). Die Gaudenkmalpfleger von Kärnten und Tirol hatten sich anPossegewandt mit dem Ziel, aus diesem Umzugsgut hochrangige Kunstwerke für die deutschen, speziell die Tiroler Museen zu erwerben (s.Schwarz (2018), S. 96).
- 10Gemeint ist der Krieg mit Frankreich von 1806-1815. 1940 veranstaltete dieNationalgalerieinBerlindie Ausstellung "1813 bis 1815. Großdeutschlands Freiheitskampf".SpeerhattePossewohl den Besuch der Ausstellung empfohlen (s.Eintrag vom 10.04.1940).PossesendeteBormannam 9. September den Katalog zu (s.BArch, B 323/103, Nr. 167).
- 11Wahrscheinlich istErnst Petersengemeint, Professor für Vor- und Frühgeschichte an derUniversität Rostock.Petersenwar am NS-Kunstraub in Polen beteiligt (s.Kieseler (2008), S. 49-64). Vermutlich solltePosseeine Sendung von Kunstwerken imReichssicherheitshauptamtin der ehemaligen Kunstgewerbeschule, Prinz Albrechtstr. 8, besichtigen.
Sonnabend 21. Sept.Bignell:Es. v. d. Velde
sog.1Th. d (Keyser;2 - beiBachstitz. –
Mittags mitWickelu.Schneider.3–
Rubensporträt.5–Peterich(Hz.6-
22.9 (Sonntag). FrühPeterich. –
Limburg-Stirum. – Abends bei
Wickel(Baldung, Abtransport).10
Katz: Rembrandt
Molenaer
(Bakker)
Huink & Scheyon Heerengracht 469
(Veronese – Moll)14
fl 22000
- 1sogenannter
- 2Posse verhandelte erneut mitCharles John Robert Bignellvon derGalerie Esher Surrey, Den Haag, den Ankauf der Gemälde "Feest op het terras van een tuin" vonEsaias van den Veldeund "Portret von een man" vonThomas de Keyser(s. auchEintrag vom 20.09.1940).
- 3Hans Schneider, der Leiter desRijksbureaus voor Kunsthistorische Documentatie (RKD), hatte sich mitPossesMitarbeiterFelix William Wickelin Verbindung gesetzt, weil eine Dienststelle desReichskommissarsdas Gebäude desRijksbureausübernehmen wollte.Wickelhatte am 17. September ein Ansuchen an den Generalkommissar und ReichsamtsleiterFritz Schmidtgerichtet, das Gebäude in seiner ursprünglichen Nutzung zu erhalten (s.BArch, B 323/114, Nr. 433, Wickel an Schmidt, 17.09.1940).PosseundWickeldürften mitSchneiderdas weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit besprochen haben.
- 4Nachmittags
- 5Im Hotel kam es zum Abschluss des Kaufs des Gemäldes "Jan Neyen (1568-1812)" vonPeter Paul Rubens(s. auch Einträge vomSeptember 1940,19.09.1940und21.09.1940).
- 6Handzeichnungen
- 7Sammlung
- 8Possetraf sich mitLucas Peterichbezüglich der Altmeister-Handzeichnungensammlung vonFranz Koenigs.Peterichfungierte als Vermittler für seinen Schwiegervater, den Kunstsammler Daniël George van Beuningen, der die Sammlung im April 1940 gekauft hatte. Im Dezember 1940 erwarb Posse für 1.400.000 Gulden 528 Zeichnungen aus der Sammlung Koenigs, vor allem Alte Meister wie Rembrandt, Rubens und andere bekannte Niederländer, aber auch 24 Blätter Dürers, zwei Zeichnungen Grünewalds sowie Zeichnungen der Donauschule: Altdorfer, Wolf Huber und ihre Schüler (zur Sammlung Koenigs und dem Verkauf an Posse s.Dekker (2018), S. 47-61). Das war wohl der wichtigste Ankauf für das Graphische Kabinett des geplanten Führermuseums, denn Posse hatte vor, dort eine große Abteilung der Donauschule aufzubauen. Am 28. März 1941 berichtete er an den Leiter der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers: "Jedenfalls erhält das geplante Graphische Kabinett inLinzdurch diesen Ankauf einen Grundstock, der es allein zu einem der beachtenswertesten Kabinette Deutschlands machen wird." (s.BArch, B 323/101, Nr. 365, Posse an Lammers, 10.12.1940).
- 9Datumsangabe: 22. September 1940
- 10Possebesprach mitFelix William Wickelwohl die Angelegenheit des Gemäldes "Venus und Amor" vonHans Baldung Grienaus der Sammlung Kröller-Müller,Otterloo, sowie den Abtransport der angekauften Kunstwerke.
- 11Gemeint sind Werke der KünstlerRembrandt Harmensz van Rijn,Jan Miense MolenaarundAelbert Cuyp. Es könnte sich um "Oude man met baard", damals Rembrandtzugeschrieben, sowie "Musicerende kinderen" vonMolenaarhandeln, bezüglich derer Posse mit derFirma Katzin Kontakt stand. Mit dem Werk vonCuypdürfte das Gemälde "Rotsachtig landschap met de vlucht naar Egypte" gemeint sein. Am 20. September hatte sichPosse notiert, dass er beiKatzden "großen Cuyp" nachfragen wollte (s.Eintrag vom 20.09.1940). Eventuell ist dasselbe Gemälde gemeint.
- 12Vermutlich ist ein Werk des KünstlersAdriaen Brouwergemeint.
- 13Vermutlich ist der KunsthistorikerVitale Blochgemeint.
- 14Gemeint sind Werke der KünstlerPaolo Veroneseund vermutlichEvert Moll.
2. Okt. 40.Denkmalsamt– Bei
Sekretärin Frau. Wilscher(vonM. R.3Habermann)
Visum
Hirschberg.6
Frau mitnehmen.
Abfahrt 130ca
- 1Possesuchte dasAntiquitätengeschäft Lia Madlauf, um diebeiden spätgotischen Holzreliefsanzuschauen, dieHerbert Seiberlzum Ankauf empfohlen hatte (s. auch Notizen auf dervorhergehenden Seite). Da das Geschäft geschlossen war, kam der Ankauf nicht zustande (s.BDA-Archiv, RestMat.,K. 10, M. 5, fol. 2, Posse an Seiberl, 08.10.1940).
- 2Gemeint ist nicht die StadtDresden, sondern ein unbekannter Gesprächspartner, der sich dort befand.
- 3Ministerialrat
- 4Es handelte sich wohl um den Namen des Fahrers des Dienstwagens, mit dem die Herren nachMarschendorffuhren.
- 5Nach ihrem Treffen am 1. Oktober 1940 (s.Eintrag vom 01.10.1940) fuhrenPosseundHermann Habermannam 3. Oktober zuJaromir CzerninnachMarschendorf. In dessen Schloss besprachen sie den Ankauf desVermeer-Gemäldes "Die Malkunst" für dasFührermuseum. In Folge der Besprechung legtePosseJaromir Czerninam 4. Oktober einen "Kaufantrag" über 1,65 Millionen Reichsmark vor (s.Beschluss des Wiener Kunstrückgabebeirats vom 18.03.2011, S. 15; allgemein zum Verkauf des Gemäldes im Oktober 1940 s.Hehenberger/Löscher (2013), S. 142-150; s. auchDKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch, Einträge zum 02.-05.10.1930: "2. [Oktober 1940]Wien. -Landesdenkmalamtusw. 3. Mittags nachMarschendorf i. Riesengebirgezum GrafenJaromir Czernin. 4. Ankaufsverhandlungen überVermeerabgeschlossen. 5. Früh zurück nachDresden.").
- 6Eventuell istHirschberg im Riesengebirgegemeint. Dort befand sich die nächste Bahnstation.
- 7vermutlich Telefonnummer
- 8Adresse inWienim vierten Gemeindebezirk
- 9Vermutlich ist der WienerSchroll-Verlaggemeint, in dem 1942 eine vonPosseverfassteCranach-Monografie erschien (Posse, Hans: Lucas Cranach d. Ä. Wien 1942).
- 10Telefonnummer
- 11Telefonnummer
- 12Nach dem Frankreichfeldzug hatteHitlerim Sommer 1940 eine Verordnung erlassen, nach der alles ins Ausland verbrachte deutsche Kunst- und Kulturgut zu erfassen war. Possewar als Mitglied der Kommission involviert, die PropagandaministerJoseph Goebbelsin Fragen der Rückführung deutschen Kulturgutes beriet (s.Schwarz (2014), S. 137-157). Er notierte sich auf dieser sowie der folgenden Seite mögliche 'Repatriierungs'-Objekte, die aus den Gemäldesammlungen inWienundMünchen nachLyongelangt waren (s. auch Eintrag vom 02.10.1940). Am 4. Juli 1940 hatteLeopold Ruprecht Posseüber "verschleppte Kunstwerke" informiert; mit dieser Angelegenheit beschäftigte sich Posse nun während seines Aufenthalts in Wien (s.BArch, B 323/108, Nr. 281-282, Ruprecht an Posse, 04.07.1940 sowie Nr. 277, Posse an Ruprecht, 26.07.1940; s. auchSavoy (2011), S. 302-308). Zur Recherche nach Kulturgut deutscher Provenienz und Erstellung von Rückforderungslisten waren Wissenschaftler desKunsthistorischen Museumsim Sommer 1940 nachParisund in andere Städte Frankreichs gereist.
- 13Madonna
- 14breit
15. Okt. 1530Führerbau.
Frl. Mittelstädt: R. Wagner.1
16. OktBöhler
6500.4
Bernheimer5, Lenbachplatz
1,236 12 000
(Aufhäuser)7
//unter Torbogen 6000 (Katz)8
9000.- ?
/Hasenclever,Die beiden (700.
Raucher Saly Eichen-
grün)9
49,7.10Duck (Kick)800 (Gabriele
/ +Rosenthal)11
49,112Zick(?)Geiselung Christi. (500)
Rosenthal13
Hickel 60014
- 1Eventuell ist das Gemälde "Bildnis Richard Wagners" gemeint.
- 2DieSchackgaleriewar als provisorischer Aufstellungsort für die Gemäldesammlung des inLinzgeplantenFührermuseumsvorgesehen (s.Eintrag auf der Folgeseite).
- 3bezeichnet [=signiert]
- 4Die Währung aller Preisangaben auf dieser Seite ist die Reichsmark.
- 5Gemeint ist die ehemalige MünchnerKunsthandlung L. BernheimervonOtto Bernheimeram Lenbachplatz 3. Nach der 'Arisierung' firmierte das Unternehmen alsMünchner Kunsthandels-Gesellschaft/Kameradschaft der Künstler München e.V.Dort wurden inMünchenund Bayern beschlagnahmte Kunstwerke aus jüdischem Besitz deponiert (s.Schleusener (2016), 73-76).Possesah am 16. und 17. Oktober 1940 die Bestände durch und suchte fünf Gemälde, die er sich im Folgenden notierte, für dasFührermuseumaus (s.BArch, B 323/137, Nr. 35 Posse an Münchner Kunsthandels-Gesellschaft/Kameradschaft der Künstler München e.V., 11.11.1940 und Nr. 36, Münchner Kunsthandels-Gesellschaft/Kameradschaft der Künstler München e.V. an Posse, 04.11.1940 sowieBArch, B 323/103, Nr. 142, Posse an Bormann, 13.11.1940). Aufgrund von Unklarheiten, die Zuständigkeitsbereiche und finanzielle Abwicklung betreffend (s.BArch, B 323/137, Nr. 30, Münchner Kunsthandels-Gesellschaft/Kameradschaft der Künstler München e.V. an Posse, 08.01.1942), sowieHitlersWunsch, selbst die bei derKameradschaftgelagerten Bestände durchzusehen (s.BArch, B 323/137, Nr. 27, Bormann an Posse, 06.03.1942), zog sich der Erwerb bis Ende 1942 hin. DaHitlersBesuch nie stattfand, sichtetePosseim März 1942 auftragsgemäß die Kunstwerke erneut und wählte 23 Gemälde "für die Zwecke desFührers" aus (s.BArch, B 323/137, Nr. 20, Posse an Bormann, 06.04.1942;BArch, B 323/137, Nr. 21, Liste der ausgewählten Gemälde).
- 6Es handelt sich um die Breite des Gemäldes in Metern.
- 7Das Gemälde entstammte der Kunstsammlung des BankiersMartin Aufhäuser.
- 8Dieses Kunstwerk war Teil der Kunstsammlung des JustizratsLeo Katz.
- 9Gemeint ist die Kunstsammlung vonSally Eichengrün, aus der das genannte Gemälde stammte.
- 10Es handelt sich um die Inventarnummer des Kunstwerks: Die vordere Zahl bezeichnet die entsprechende Sammlung, die hintere die laufende Nummer des Objekts im Beschlagnahmeprotokoll.
- 11Dieses Objekt gehörte zur Kunstsammlung vonGabriele Rosenthal.
- 12Es handelt sich um die Inventarnummer des Kunstwerks.
- 13Gemeint ist die Kunstsammlung vonGabriele Rosenthal.
- 14Eventuell handelt es sich um das Gemälde "Musizierende Türkin" aus der Sammlung vonMax Uhlfelder.Possewählte es nicht für dasFührermuseumaus.