Zweites Reisetagebuch
Dannhauser,Frau mit entblösstem
Marianne Singer(sichergestellt)1
Große Fayence vase(Oppenheimer)2
1541
Mitte Madaetc.14. Jhdt
l. Geburt, re. Fl. Kreuzigg6
x Hans Dürer7(Bondy) L.
x Mielich,GrGartenszene
(Bondy)
xxRheinisch(1400)Kreuzigung
Bondy 1369
sehr gut L
hl. Martin zu Pferd, Holz
Bondy 1424 L
Bondy 15 Könige
9
- 1Der Kunstbesitz vonMarianne Singerwar aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes sichergestellt (s. § 4a BGBl.Nr. 80/1923).
- 2Gemeint ist die Kunstsammlung vonFranz Oppenheimer.
- 3Italienischer
- 4Hierbei handelt es sich um die Sicherstellungsnummer des Objekts in der Sammlung vonOscar Bondy. Dies gilt auf dieser Seite für alle zusammen mit dem Begriff "Bondy" genannten Zahlenfolgen.Possenotierte sich die Nummer dieses Altars falsch, denn diese lautete Bo 896 (s.BArch, B 323/1207, S. 52, Inventar der Sammlung Bondy).
- 5Wie das vonPossevergebene Kürzel "L [=Linz]" zeigt, hatte er dieses Kunstwerk für dasFührermuseumvorgesehen (s.BArch, B 323/117, Nr. 791, Kunstwerke aus dem beschlagnahmten Wiener Besitz. Für das Kunstmuseum von Linz a. d. Donau;Liste "Erste große 'Führerzuteilung' vom 2. Juli 1940"). Dies gilt im Folgenden für alle Kunstgegenstände, die mit dem Kürzel versehen wurden.
- 6Possebeschrieb hier das Bildprogramm der Altars. Demnach zeigte die Mitteltafel eine Madonna, der linke Flügel eine Geburts- und der rechte eine Kreuzigungsszene.
- 7Gemeint sind dieHans Dürerzugeschriebenenvier Tafeln aus dem Leben Mariä und Jesu, welche die Verkündigung (Sicherstellungsnr. Bo 13a), die Heimsuchung (Bo 13b), die Geburt Christi (Bo 13c) und die Darstellung im Tempel (Bo 13d) zeigen.
xAR 8882SassoferratoD. B.
xAR 48Reiterschlacht
Holzrelief. D. B
%
Gasch(sein Freund)
Wfg Müller6,
Donadini7 Oberst (?) K(ein ?)umrahmt
Siegel8
34
- 1Es handelt sich um die Beschlagnahmekatalognummer des Objekts aus der Sammlung vonLouis Rothschild.
- 2Hierbei sowie bei der folgenden alphanumerischen Kombination handelt es sich um die Beschlagnahmekatalognummer des jeweiligen Kunstwerks aus der Sammlung vonAlphonse Rothschild.
- 3Datumsangabe: 29. Februar 1940. An diesem Tag brachPossemittags zu einer Dienstreise nachMünchenundWienauf.
Bei den im folgenden aufgeführten Personen handelt es sich umPosseslokale NS-Kontrahenten aus der Dresdner Kulturszene, die seit 1933 seine Absetzung gefordert hatten (zu den Vorgängen s. Denkschrift von Dr. Posse zur Widerlegung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe, in:Rudert (2015), S. 389-401;Schwarz (2004);Schwarz (2009), S. 228-235;Schwarz (2015), S. 330-331). Der Eintrag könnte sich auf ein Ereignis beziehen, von demPosseam Morgen des 29. Februar 1940 noch inDresden, vor seiner Abfahrt nachMünchen, Kenntnis erhielt.
- 4Bei "Lindner" handelte es sich nachPossesfolgender Notiz um einen Freund vonWalther Gasch. Es könnte sich um den Theaterschauspieler Friedrich Lindnerhandeln.
- 5Möglicherweise war dies der Informant, deren NamenPossehäufig in Klammern hinter die gelieferte Information setzte.
- 6Vermutlich handelt es sich umWolfgang Müller, einen ehemaligen Studenten derStaatlichen Akademie der Bildenden Künste Dresden.
- 7Wahrscheinlich istErmenegildo Carlo Donadinigemeint, lautPosse"die rechte Hand" vonWalther Gasch(s.Rudert (2015), S. 395, 397).
- 8Vermutlich handelt es sich umCurt Siegel.Posseerwähnte in seinem Diensttagebuch beim Eintrag vom 29. Juli 1938 (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch) einen "Bildhauer Siegel" als Fahrer des Autos, mit dem Galerie-InspektorMax Andersnach seiner Entlassung persönliche Sachen aus derDresdner Gemäldegalerieabtransportierte.Anderswar "der Hauptdenunziant der lokalen NSDAP in der Galerie" (s.Rudert (2015), S. 139) und wurde im Zuge der RehabilitierungPossesdurchAdolf Hitlerim Jahre 1938 entlassen.
Innsbruck: Als Ersatz für
großenHals, der ursprüngl.1 Inns-
OvalbildnisHals. als Leihgabe3
EbensoMarx Reichlich,Tempelgang.
Pacher, Brixener Meister4
2 westdeutsche got.6Leuchter-
halter (Engel) h.74346cm
(Taxe1200 RM) Alabaster8
nachGöttweigKloster- u-
Kirchenbesichtigung. Gg.9Abend
210zurück nachWien
8. III.Seiberl Bildteppiche Bondy12
- 1ursprünglich
- 2eventuell
- 3Zur "Frans Hals-Frage" siehe auchEintrag vom 01.02.1940.
- 4Oswald Trapp, der Direktor desInnsbrucker Ferdinandeums, forderte die Zuteilung von Kunstwerken Tiroler Herkunft aus dem Bestand desKunsthistorischen MuseumsinWienan dasFerdinandeum(s.Schwarz (2018), S. 82;BArch, B 323/117, Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939). In seinen Forderungslisten führte er u. a. auf:
"Tempelgang MariaeundHeimsuchung, letzteres mit Wappen der StadtHall" vonMarx Reichlich,
"Vermählung Mariaeund Grablegung Christi; zwei Flügelfragmente vom Salzburger Altar [...]", "Die Hl. Barbara. (1933 aus der Sammlung Colli erworben)" und "2 Flügel mit Darstellungen aus der Laurentiuslegende" vonMichael Pacher,
"Hl. Dreifaltigkeit zwischen dem Hl. Markus und Antonius" und "Hl. Sebastian" vonFriedrich Pacher
sowie "Anbetung der Heiligen Drei Könige" der Brixner Schule (s.BArch, B 323/117, Nr. 683, Trapps Wunschliste mit Werken aus dem Kunsthistorischen Museum Wien, gehörig zu Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939).
Possebesprach, ob die oben aufgeführten Werke desKunsthistorischen Museumsals Leihgaben an dasInnsbrucker Ferdinandeumgegeben werden konnten. Dieser Plan wurde jedoch nicht ausgeführt, da sichAdolf Hitlerfür die Unantastbarkeit der Bestände desKunsthistorischen Museumsund generell der historischen Sammlungsbestände der Museen des Deutschen Reichs aussprach (s.Schwarz (2018), S. 68-70).
- 5Am 07. März 1940 fuhrPossenachGöttweig, um "die noch vorhandenen Bestände an Kunstwerken des aufgehobenenKlosters GöttweigbeiKrems a. d. Donaudurchzusehen". Die StadtKremshatte die Kunstwerke nach Einzug des Vermögens des Benediktiner-Stifts zum 15. September 1939 abtransportieren lassen und teils ins Stadtmuseum oder in Depots verbracht, teils auch Amtsräume des Rathauses damit ausgestattet (s.Spevak (2006), S. 145-146;Schwarz (2018), S. 99-101). Am 16. März 1940 berichtetePosseanMartin Bormann, dass im Stift selbst "[a]ußer der berühmten [...] Bibliothek [...] nicht Bedeutendes an Kunstwerken erhalten" sei und forderte die Erweiterung des 'Führervorbehalts' auf die Kunstsammlungen, Archive und Bibliotheken der Klöster - eventuell sogar rückwirkend (s. BArch, B 323/103, Nr. 223, Posse an Bormann, 16.03.1940; s.Seite 0081).
- 6gotische
- 7hoch
- 8Vermutlich sahPossevor der Abfahrt nachGöttweigzusammen mitHerbert Seiberlnoch denkmalbehördlich sichergestellte Kunstwerke durch und notierte sich hier zwei Leuchterengel zum Preis von 1.200,- Reichsmark.
- 9Gegen
- 10Kellerbesichtigung.
Vermutlich inspiziertePossein den Kellern vonFurtheingelagerte Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke aus dem Besitz des enteignetenBenediktiner-Stifts Göttweig.
- 11Franz Retter, der Oberbürgermeister vonKrems, war von der Gestapo als kommissarischer Verwalter des aufgehobenenStifts Göttweigeingesetzt worden. Unklar bleibt, obPosseihn getroffen hatte oder sich den Namen für die zukünftigen Verhandlungen notierte.
- 12Herbert SeiberlmachtePosseauf die Bildteppiche aus der Sammlung vonOscar Bondyaufmerksam, die sich nicht in Verwahrung derZentralstelle für Denkmalschutzbefanden, sondern imZentraldepotin der Neuen Burg; dort war ein Depot für Bildteppiche angelegt worden, woPosseam Nachmittag desselben Tages mitLeopold Ruprecht eine "Gobelindurchsicht" vornahm (s.Eintrag vom 08.03.1940; zu den notierten Gobelins s. Seiten0060und0061).
21. März 40. BilletDresden-
26. III (Mitgen.4 515.-)
Auto u. Zeitungen 3.10
Träger 70
27. III. Schlafwagen 3.-
Telegramm (Hastk5) 3.50
Frühstück 80
Gepäck 1.10
Abend. 4.70
Bier 1.20
287Frühstück 2.60
Mittag 6.20
Abend 6.-
Zeitungen - 35
Bier 1.10
29.8Frühstück 1.50
Cigarren 2.-
Mittag (mitTrapp) 13.-
143,65143,609
64
- 1Schlafwagen
- 2Possekaufte bereits am 21. März 1940 die Bahn-Fahrkarte vonDresdenüberMünchennachInnsbruck. Seine Reise trat er am Abend des 26. März 1940 an und kam am darauffolgenden Tag gegen 16:00 Uhr inInnsbruckan (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 3Alle Preisangaben auf dieser Seite sind in Reichsmark aufgeführt.
- 4Mitgenommen
- 5Es handelt sich wahrscheinlich um ein Kürzel fürKarl Haberstock.
- 6Graf
- 7Datumsangabe: 28. März 1940
- 8Datumsangabe: 29. März 1940
- 9zur Fortsetzung der Reisekostenaufstellung auf der Folgeseite
27. III.RembrandtsMendelssohn.2
Landesdenkmalspfleger
jetzt Annex einer Gaustelle
ohne fachliche Stütze einer
Restaurierungen
27.. III. 160überMittenwald
Besprechg mitihmim Hotel
Besprechung von 1945- 2130:
Ambraser Slg.5südtiroler
Rembrandts von Mendelssohn
28.7BeiGraf Trapp(Umsiedlungs-
beimstellv.9Gauleiter; dann im
aufgelassenenServitenkloster
(Bibliothek ca 1770, nachWilten).10
66
- 1ZuPossesInnsbruck-Aufenthalt vom 27. bis 29. März 1940 sieheSchwarz (2018), S. 96-97.
- 2In der vonRobert von Mendelssohnangelegten Kunstsammlung, die nach seinem Tod in den Besitz seiner Erben überging, befanden sich zweiRembrandtzugeschriebene Gemälde: ein "Selbstbildnis im Pelz, mit Kette und Ohrring" und das "Bildnis der Hendrikje Stoffels". Letzteres konntePosse1942 für dasFührermuseumerwerben.
- 3Eventuell handelt es sich um die Georgskapelle im Alten Landhaus inInnsbruck(s.Eintrag auf der Homepage des Landes Tirol).
- 4Possenotierte sich hier, vielleicht auf ein Telefonat mitHerbert SeiberlinWienhin oder weil er sich mit ihm darüber besprechen wollte, dass die bisherigen Landeskonservatoren, die zuvor der vor der Auflösung stehendenZentralstelle für DenkmalschutzinWienunterstellt gewesen waren, dem jeweiligen Reichsgau zugeordnet werden sollten und zwar unter Wegfall hauptamtlicher Stellen.Possetrug die Angelegenheit im Oktober 1940Hitlervor mit dem Ergebnis, dass per "Erlaß über die Neuorganisation der Denkmalpflege in der Ostmark" vom 8. November 1940 die Landeskonservatoren inLinz,Graz,SalzburgundInnsbruckdemReichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und VolksbildunginBerlinunterstellt und damit Reichsbeamte wurden (s.BArch, B 323/163, Nr. 176-188;Brückler (1990), S. 184-194;Frodl-Kraft (1997), S. 245-252;Schwarz (2018), S. 95).
- 5Sammlung.
Die Ambraser Sammlung war bzw. ist eine Sammlung von Waffen, Rüstungen, Gemälden, Skulpturen, illuminierten Handschriften und Kuriositäten, dieErzherzog Ferdinand II. von Tirol imSchloss AmbrasbeiInnsbruckanlegte. Diese wurde ab 1665 sukzessive nachWientransferiert. Nach 1880 waren zwar Teile der Sammlung zurückgegeben, jedoch die wertvollsten und kunst- wie kulturhistorisch bedeutendsten Objekte inWienbelassen worden. Der Reichsgau Tirol forderte nun die Rückführung der berühmten Ambraser Sammlung, die aber einen Grundstock der Bestände desKunsthistorischen Museumsbildete, weshalb diese Forderung zurückgewiesen wurde (s.Schwarz (2018), S. 42, 55, 96-97 und 122).
- 6Thema des Treffens war auch das Südtiroler Kunstgut, das in Folge der Umsiedlungsaktion der Südtiroler ins Deutsche Reich gelangte (s. Einträge vom29.03.1940und10.04.1940). Am 21. März 1940 hattePosseMartin Bormannmitgeteilt, dass er "auf dringende Aufforderung des Herrn GauleitersHoferin der Angelegenheit des Südtiroler Kunstbesitzes und anderer mir noch nicht näher bekannter Kunstfragen, die den Gau Tirol besonders interessieren, für einige Tage nachInnsbruckreisen werde" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 21.03.1940).
- 7Datumsangabe: 28. März 1940
- 8Possebesprach mitOswald Trappin dessen Eigenschaft als Gaukonservator von Tirol noch einmal die "Umsiedlungsfragen" Südtiroler Kunstgutes (s. Einträge vom29.03.1940und10.04.1940).
- 9stellvertretenden
- 10DasServitenklosterinInnsbruckwar am 3. November 1938 aufgehoben, die dortigen Kunstbestände waren 1939 in das ebenfalls aufgehobenePrämonstratenser-Stift Wiltentransferiert worden, wo durch dieZentralstelle für Denkmalschutzein Tiroler Zentraldepot der denkmalbehördlich sichergestellten und beschlagnahmten Kunstwerke eingerichtet wurde (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 53/1, M. 3).PosseundTrappbesprachen, dass auch die barocke Bibliothek desServitenklostersdorthin gebracht werden sollte.
/Kloster Wiltenfür Unterbringg1
nat.2Kunstgutes, namentlich
der sequestrierten Klöster für
Denkmalspflege / Wertl.3Arbeits-
dienst hinaus; SA-Kaserne.4
Abend mitTrapp
29. III.5
Anordnungen über Umsied-
lung von ganz oben her.
Anweisung an die Hauptkom-
missionen inBotzenu.
Innsbruckdafür Sorge zu
tragen, daß keine Sonder-
aktionen (illegal) durchge /
führt werden (wie geschehen)
sondern alles im Detail
mit ital.6Behörden zu
regelen, da die Gefahr besteht
70
- 1Unterbringung
- 2nationalen
- 3Wertloser
- 4Am 8. Januar 1940 hatteFriedrich Plattnervom Ministerium für Innere und Kulturelle Angelegenheiten inWiendie Einrichtung eines Zentraldepots der beschlagnahmten und denkmalbehördlich sichergestellten Kunstwerke in Tirol angeordnet. Dort sollten vor allem die aus ehemaligem Klosterbesitz stammenden Kunstwerke zentral untergebracht, inventarmäßig verzeichnet, durch eine Kartei erfasst und so aufgestellt werden, dass Besichtigungen und fotografische Aufnahmen möglich waren. "Da für die Unterbringung derartiger Objekte von Ihnen bereits das Gebäude desStifts WilteninInnsbruckherangezogen worden ist, richte ich an Sie das Ersuchen, in erster Linie das genannte Gebäude, im Bedarfsfalle jedoch auch noch weitere geeignete Räumlichkeiten derZst. f. Dsch.für die zentrale Unterbringung der erfassten Kunstwerte zur Verfügung zu stellen bzw. erforderlichenfalls freizumachen" (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 53/1, M. 3, fol. 5, Plattner an den Landeshauptmann von Tirol, 08.01.1940). Nun besichtigtePossegemeinsam mitOswald TrappdasPrämonstratenser-Stift Wiltenin Hinblick auf dessen Verwendungszweck als Depot. Man fand es geeignet unter der Voraussetzung, dass die Nutzung durch den "wertlosen" Reichsarbeitsdienst und als SA-Kaserne beendet werden würde.
- 5Nach der deutschen Garantie von Aufrechterhaltung und Ausbau der Brenner-Grenze im März 1938 wurden in den darauffolgenden Jahren Teile der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung in das Gebiet des Deutschen Reichs umgesiedelt. Kurz vor seinerInnsbruck-Reise hattePosseanMartin Bormanngemeldet, dass er "auf dringende Aufforderung des Herrn GauleitersFranz Hoferin der Angelegenheit des Südtiroler Kunstbesitzes und anderer mir noch nicht näher bekannter Kunstfragen, die den Gau Tirol besonders interessieren [...] nachInnsbruckreisen werde" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 21.03.1940). Zuvor hatte sichPosseauf Anregung von GaukonservatorOswald Trappund unter Ausnutzung des 'Führervorbehalts' als Sachverständiger in die Kulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelle desAhnenerbesunter der Leitung vonWolfram Sievers gedrängt, die sich zu diesem Zeitpunkt etablierte. "Im Zuge der Umsiedlungsaktion von Südtirol gelangen viele wertvolle Werke deutscher Kunst aus Privatbesitz zum Verkauf", welcher "von einem erfahrenen Fachmann" überwacht werden müsse, damit die Kunstwerke für deutsche Museen "gerettet" werden könnten, weshalbPosseempfahl, "wie im Falle der Ostmark, demFührerein Vorverkaufsrecht vorzubehalten" (s.BArch, B 323/103, Nr. 237, Posse an Bormann, 10. 02.1940;BArch, B 323/163, Nr. 173). Bormanngab diesen Vorschlag zwei Tage später als WunschAdolf HitlersanHeinrich Himmlerweiter und schlug als erfahrenen FachmannPossevor. "Das Vorkaufsrecht für die zum Verkauf nach Deutschland gelangenden Bilder soll demFührervorbehalten bleiben" (s.BArch, B 323/163, Nr. 172, Bormann an Himmler, 12.02.1940). Am 28. Februar 1940 teilteHimmlerBormannmit, dass er Posseals Sachverständigen heranziehen werde (s. BArch, B 323/163, Nr. 132-133, Himmler an Bormann, 28.02.1940). Posse wurde in dieKulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelleaufgenommen (s. Schwarz (2018), S. 96;Petropoulos (1999), S. 150-152). Damit war er zur Schlüsselfigur für die Nordtiroler Denkmalpflege geworden. Am 29. März 1940 besprachPossenun vermutlich mit GaukonservatorOswald TrappProblempunkte in Bezug auf den bisher unregulierten Transfer von Südtiroler Kunstbesitz ins Deutsche Reich für noch anstehenden deutsch-italienischen Verhandlungen, bei denen er Schwierigkeiten befürchtete.
- 6italienischen
daß ital.1Behörden Ggmaass-
nahmen2 treffen u. nebenbei
auch die Verhandlgsbasis3mit
ital.4Behörden sehr erschwert
wird.
Abschrift des Gutachtens des
nandeumim Depot. keine
bedeutenden Bilder, Möbel, Silber
usw.6
Gedächtniskapelle inBrenn-
bichlbeiImstFriedrich Augustfain sehr
schlechtem Zustand. Muss
in Ordnung gebracht werden
durchLandesdenkmalsamt
Kosten ca 5000.7
(V. Waldenfels)
- 1italienische
- 2Gegenmaßnahmen
- 3Verhandlungsbasis
- 4italienischen
- 5Sammlung
- 6Posseinspizierte die beschlagnahmte Kunstsammlung vonFriedrich Reitlinger, die seit Oktober 1938 imTiroler Landesmuseum Ferdinandeumdeponiert war, in Hinblick auf ihre Verwendung für die Verteilung auf österreichische Museen unter 'Führervorbehalt'. Er kam zu dem Ergebnis, dass diese "kein Stück von besonderer Bedeutung" enthielt, wie er am 5. April 1940 an das Ministerium inWienberichtete, sodass er deren Verbleib im Ferdinandeum befürwortete (s. BArch, B 323/120, Nr. 244, Posse an Plattner, 05.04.1940). Auch in seinem Verteilungsplan, den er anAdolf Hitlersandte, sprach er sich für eine Zuteilung an dasFerdinandeumaus: "die Kunstwerke (Gemälde, Möbel, Silber usw.) aus dem Besitz Reitlinger (Jenbach, Tirol), die imLandesmuseum Ferdinandeumverwahrt werden. Darunter das männliche Bildnis eines deutschen Malers von 1568,Berckheyde, Stadtplatz, undP. de Bloot, Landschaft. Bedeutendere Kunstwerke befinden sich nicht darunter. Eine Zuteilung an dasLandesmuseum Ferdinandeumwird befürwortet" (s.BArch, B 323/117, Nr. 690, Liste IV.: Vom Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck; für Zuteilung und einzelne Kunstwerke s. auchListe "Erste große 'Führerzuteilung' vom 2. Juli 1940").
- 7Posseerfuhr wahrscheinlich vonOswald Trapp, dem Gaukonservator von Tirol-Vorarlberg, dass die neugotische "Sachsenkapelle" inBrennbichl, die in Erinnerung an den tödlichen Verkehrsunfall des sächsischen KönigsFriedrich August II.auf Veranlassung seinerWitweab Herbst 1854 nach Plänen vonJoseph Rokitaerrichtet und im August 1855 eingeweiht worden war, dringend einer Restaurierung bedurfte. Bei der Kalkulation hoffteTrappwohl auch auf das finanzielle Engagement Sachsens. Die Instandsetzung unterTrappsLeitung erfolgte erst ab 1957 bis 1966 (s.Prinz-Friedrich-Christian-Stiftung 1971).
Ferdinandeum: Kunstwerke aus
KlosterStamsim Depot. -
nachDresden.
6. IV.FahrkarteDresden-Leipzig
8.6Auto 2,80
LeipzigGepäck - 30
Auto 1.-
Zeitungen u. Cig.7 90.
Mittag 8.50
DrAuto 1.50
Gepäck 40
Berlin: Auto 1.-
Abend 11.-
9.8Frühstück 2.10
Telef.9Zeitungen - 70
Kursbuch - 50
Garderobe - 40
63.7010
72
- 1DieAntiquitätenhandlung KonzertinInnsbruckverkaufte Kunstwerke der Südtiroler Umsiedler.Gaukonservator Oswald Trappließ dort vier angeblich aus der Alten Pfarrkirche in Gries bei Bozen entwendete Skulpturen sicherstellen (s. BArch, NS 21/88, Ringler an Sievers, 17.11.1941). Vermutlich machteTrappPossebei diesem Besuch derAntiquitätenhandlungdas Problem klar bzw. man erörterte es gemeinsam mit dem Kunsthändler. Ziel war, bedeutende Südtiroler Kunstwerke nicht an private Sammler gelangen zu lassen, sondern diese für die Tiroler Museen, insbesondere dasTiroler Landesmuseum FernandeuminInnsbruck, zu erwerben.
- 2Nachmittag
- 3Am 29. März 1940 endetePossesInnsbruck-Aufenthalt und er fuhr am Nachmittag überMünchenzurück nachDresden, wo er am Morgen des 30. März 1940 ankam (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 4Am 6. April 1940 kauftePossedie Zugfahrkarte für Hin- und Rückfahrt nach bzw. ausLeipzig, wo er sich am 8. April mitHans Boernertraf, um sich über den Ankauf derHandzeichnungensammlungdesPrinzen Johann Georgzu beraten (s. Seiten0076und0077). Anschließend fuhr er mit diesem nachBerlin. Dort besprach er mitAdolf HitlerundMartin Bormannam 9. April die Angelegenheit "[der] Slg. Joh. Georg u. anderes" (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 5Alle folgenden Preisangaben auf dieser Seite sind in Reichsmark aufgeführt.
- 6Datumsangabe: 8. April 1940
- 7"Cigaretten" oder "Cigarren"
- 8Datumsangabe: 9. April 1940
- 9Telefon
- 10zur Fortsetzung der Reisekostenaufstellung auf der Folgeseite
7. Mai 40 BeiRegerim Führerbau
In der Pinakothek1 beiDr. Peltzer
Germanisches Museum2 (Schriftaus-
stellg)3 BildnisLorentz Strauch1614
[A4 Buchstabendorfer Madonna (Thü.) mit
8. Mai. MitGraul imGerm. Museum4
Dr. Troche. - 1137mitGraul
u.KümmelnachBerlin. - Im Hotel
v. Dircksen6 Wallotstr. 6 oder
8
Margarethenstr 11
15 Uhr (Fr. Laffert)7
Frau von Dirksen. Reste der alten
Slg.9alles bessere schon längst
vonHaberstocku.Böhlergekauft
Das allerletzte nochHaberstock.10
80
- 1Vermutlich ist dieAlte Pinakothekgemeint.
- 2Possefuhr am 7. Mai 1940 mittags vonMünchennachNürnberg, um an der Jahreshauptversammlung des Verwaltungsrates desGermanischen Nationalmuseums, die um 17.00 Uhr begann, teilzunehmen (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 3Possebesuchte eine "Schriftausstellung", womit die Ausstellung "Die Schrift als deutsche Kunst. Ausstellung im Gutenbergjahr 1940" imGermanischen NationalmuseuminNürnberggemeint sein dürfte (s.Katalog).
- 4Offenbar besuchtePossemit Richard Graul, der ebenfalls Mitglied des Verwaltungsrats desGermanischen Nationalmuseums war, auch die Dauerausstellung des Museums (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 5Im Hotel Kaiserhof trafPosseam Abend des 8. Mai 1940Wolfram SieversvomAhnenerbe, den Leiter derKulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelle, deren MitgliedPossewerden sollte. In seinem Diensttagebuch vermerkte er: "Abends im Kaiserhof Rücksprache mitSturmbannführer Sieversüber die rückzuführenden Südtiroler Kunstwerke" (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch; zur Kulturkommission und der Thematik der Südtiroler Kunstgegenstände s.Seite 0072).
Außerdem sahen sie sich bei diesem Treffen auch Fotografien aus Gołuchówan oder es ging darum, diese zu beschaffen. Vermutlich handelte es sich dabei um Aufnahmen beschlagnahmter Kunstwerke aus dem Besitz der Adelsfamilie Czartoryski aus Schloss Gołuchów, das bis zum Einmarsch der Wehrmacht in Polen im September 1939 und der darauffolgenden Beschlagnahme eines der größten privaten Museen Europas gewesen war.Sieversholte später hinsichtlich der Kunstgegenstände aus Schloss Gołuchów die Expertenmeinung vonPosseein (s.BArch, NS 21/820, Sievers an Posse, 10.02.1942).
- 6Gemeint ist die Sammlung vonWillibald von Dirksen.
- 7Possenotierte sich die Adresse vonViktoria von Dirksen geb. von Laffert, der WitweWillibald von Dirksens, sowie die Uhrzeit für ein Treffen. Am 9. Mai 1940 besichtigte er in ihrer Wohnung einige Kunstwerke (zu Viktoria von Dirksen s.BArch, B 323/132).
- 8Nach der Auflösung derZentralstelle für Denkmalschutzwar deren LeiterHerbert Seiberlzur Wehrmacht eingezogen worden.Possebrachte das Problem bei der Besprechung am 9. Mai 1940 vorMartin BormannundSeiberlwurde auf einen Antrag auf Unabkömmlichkeitsstellung desReichserziehungsministeriumshin freigestellt (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 14.05.1940).
- 9Sammlung
- 10Die Ergebnisse seiner Begutachtung der Kunstobjekte aus dem Besitz vonViktoria von DirksenberichtetePosseanBormann: "Auftragsgemäß habe ich am 9. Mai die Kunstgegenstände derFrau v. Dirksenin der Margarethenstraße 11 besichtigt. Es handelt sich um 40 Stücke meist kunstgewerblicher Art sowie Plastiken und einige kleinere Teppiche, Reste der beiLepke1931 zur Versteigerung gelangten Sammlung v. Dirksen, von der ein großer Katalog existiert. Die besten Stücke sind längst vom Kunsthandel aufgekauft worden. Was übrig blieb, ist jahrelang vergeblich angeboten worden und besitzt nur rein dekorativen Wert. Als Erwerbung für das in LinzgeplanteKunstmuseumkann kein einziges Stück in Betracht kommen. Allenfalls wäre es möglich, wie dies schon bei anderen Stücken dieser Sammlung geschehen ist, die angebotenen Gegenstände zur dekorativen Ausschmückung von Schloß Bellevue zu erwerben" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 14.05.1940; siehe auchFolgeseite).