Zweites Reisetagebuch
Innsbruck: Als Ersatz für
großenHals, der ursprüngl.1 Inns-
OvalbildnisHals. als Leihgabe3
EbensoMarx Reichlich,Tempelgang.
Pacher, Brixener Meister4
2 westdeutsche got.6Leuchter-
halter (Engel) h.74346cm
(Taxe1200 RM) Alabaster8
nachGöttweigKloster- u-
Kirchenbesichtigung. Gg.9Abend
210zurück nachWien
8. III.Seiberl Bildteppiche Bondy12
- 1ursprünglich
- 2eventuell
- 3Zur "Frans Hals-Frage" siehe auchEintrag vom 01.02.1940.
- 4Oswald Trapp, der Direktor desInnsbrucker Ferdinandeums, forderte die Zuteilung von Kunstwerken Tiroler Herkunft aus dem Bestand desKunsthistorischen MuseumsinWienan dasFerdinandeum(s.Schwarz (2018), S. 82;BArch, B 323/117, Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939). In seinen Forderungslisten führte er u. a. auf:
"Tempelgang MariaeundHeimsuchung, letzteres mit Wappen der StadtHall" vonMarx Reichlich,
"Vermählung Mariaeund Grablegung Christi; zwei Flügelfragmente vom Salzburger Altar [...]", "Die Hl. Barbara. (1933 aus der Sammlung Colli erworben)" und "2 Flügel mit Darstellungen aus der Laurentiuslegende" vonMichael Pacher,
"Hl. Dreifaltigkeit zwischen dem Hl. Markus und Antonius" und "Hl. Sebastian" vonFriedrich Pacher
sowie "Anbetung der Heiligen Drei Könige" der Brixner Schule (s.BArch, B 323/117, Nr. 683, Trapps Wunschliste mit Werken aus dem Kunsthistorischen Museum Wien, gehörig zu Nr. 682, Trapp an Haberstock, 31.08.1939).
Possebesprach, ob die oben aufgeführten Werke desKunsthistorischen Museumsals Leihgaben an dasInnsbrucker Ferdinandeumgegeben werden konnten. Dieser Plan wurde jedoch nicht ausgeführt, da sichAdolf Hitlerfür die Unantastbarkeit der Bestände desKunsthistorischen Museumsund generell der historischen Sammlungsbestände der Museen des Deutschen Reichs aussprach (s.Schwarz (2018), S. 68-70).
- 5Am 07. März 1940 fuhrPossenachGöttweig, um "die noch vorhandenen Bestände an Kunstwerken des aufgehobenenKlosters GöttweigbeiKrems a. d. Donaudurchzusehen". Die StadtKremshatte die Kunstwerke nach Einzug des Vermögens des Benediktiner-Stifts zum 15. September 1939 abtransportieren lassen und teils ins Stadtmuseum oder in Depots verbracht, teils auch Amtsräume des Rathauses damit ausgestattet (s.Spevak (2006), S. 145-146;Schwarz (2018), S. 99-101). Am 16. März 1940 berichtetePosseanMartin Bormann, dass im Stift selbst "[a]ußer der berühmten [...] Bibliothek [...] nicht Bedeutendes an Kunstwerken erhalten" sei und forderte die Erweiterung des 'Führervorbehalts' auf die Kunstsammlungen, Archive und Bibliotheken der Klöster - eventuell sogar rückwirkend (s. BArch, B 323/103, Nr. 223, Posse an Bormann, 16.03.1940; s.Seite 0081).
- 6gotische
- 7hoch
- 8Vermutlich sahPossevor der Abfahrt nachGöttweigzusammen mitHerbert Seiberlnoch denkmalbehördlich sichergestellte Kunstwerke durch und notierte sich hier zwei Leuchterengel zum Preis von 1.200,- Reichsmark.
- 9Gegen
- 10Kellerbesichtigung.
Vermutlich inspiziertePossein den Kellern vonFurtheingelagerte Einrichtungsgegenstände und Kunstwerke aus dem Besitz des enteignetenBenediktiner-Stifts Göttweig.
- 11Franz Retter, der Oberbürgermeister vonKrems, war von der Gestapo als kommissarischer Verwalter des aufgehobenenStifts Göttweigeingesetzt worden. Unklar bleibt, obPosseihn getroffen hatte oder sich den Namen für die zukünftigen Verhandlungen notierte.
- 12Herbert SeiberlmachtePosseauf die Bildteppiche aus der Sammlung vonOscar Bondyaufmerksam, die sich nicht in Verwahrung derZentralstelle für Denkmalschutzbefanden, sondern imZentraldepotin der Neuen Burg; dort war ein Depot für Bildteppiche angelegt worden, woPosseam Nachmittag desselben Tages mitLeopold Ruprecht eine "Gobelindurchsicht" vornahm (s.Eintrag vom 08.03.1940; zu den notierten Gobelins s. Seiten0060und0061).
Dr.Dworschak:1 Antike o. germ.2 Münzen usw3
Klosterbesitz. Entschei-
anderer beschlagnahmter
Besitz.
Wolf-MuseumEisenstadt5
sowie die anderen
Slgn.6
Abtransport der Kunstwerke8
Bilder!
Dr. Nagler, Kärntnerstr. 47II
Prof. Eichler; Antiken9
- 1Possenotierte sich im Folgenden die Besprechungspunkte für das Treffen mitFritz Dworschak am 8. März 1940 (s.Seite 0064). Die Durchstreichungen legen nahe, dass alle aufgeführten Punkte besprochen werden konnten.
- 2germanische
- 3Auf der Agenda standen die EntscheidungenAdolf Hitlersbeim Treffen mitPosseam 1. Februar 1940 und die Auswahl an beschlagnahmten Münzen und Medaillen für dasFührermuseum, für die der NumismatikerDworschakzuständig war (s.Schwarz (2018), S. 126-128).
- 4Man besprach wohl, dass eine grundsätzliche EntscheidungHitlersüber den kulturellen Besitz der in Österreich beschlagnahmten Klöster eingeholt werden sollte.Possebrachte diesen Antrag nach seinerWien-Dienstreise beiMartin Bormannvor (s.Seite 0081).
- 5Außerdem ging es um die Kunstsammlung vonSándor WolfausEisenstadt, die in einem Privatmuseum öffentlich zugänglich gewesen und 1939 nach Flucht und Enteignung des Besitzers in das von ihm mitgegründeteBurgenländische Landesmuseumintegriert worden war.Possenotierte sich hier, dass diese Sammlung wie die übrigen behandelt werden sollte, was bedeutet, dass sie unter 'Führervorbehalt' gestellt und in das Verteilungsprogramm der beschlagnahmten jüdischen Kunstsammlungen integriert werden sollte. Vermutlich war dies ein Vorschlag vonFritz Dworschakund von dem Bestreben getragen, zugunsten desKunsthistorischen Museumsauf die Bestände zugreifen zu können.
DaSándor Wolfehrenamtlicher Konservator derZentralstelle für Denkmalschutzgewesen war, die seiner Sammlung 1932 einen Inventarband der Österreichischen Kunsttopographie gewidmet hatte (s.Csatkai/Frey (1932)), war die Sammlung unmittelbar nach dem 'Anschluss' Österreichs an das Deutsche Reich unter Denkmalschutz gestellt worden. Unter Einfluss der Denkmalpfleger erstelltePosseeinen Verteilungsplan, der die Sammlung in deren Sinne als Ganzes erhielt und sie im Wesentlichen vor Ort, also im damaligenBurgenländischen Landesmuseum, beließ (s.BArch, B 323/117, Nr. 703, Hans Posse: Verteilungsvorschlag für das burgenländische Landschaftsmuseum in Eisenstadt; s.Schwarz (2018), S. 108-111).
- 6Sammlungen
- 7Karl HaberstockbegleitetePossezur Besprechung mitDworschak(s.Seite 0064).
- 8Possebeabsichtigte, die für dasFührermuseumausgewählten Kunstwerke aus demZentraldepotin ein spezifisches "Linz-Depot" transferieren zu lassen, das er in der Orangerie des Belvedere einzurichten gedachte. Gegen den Abtransport aus dem unter seiner Aufsicht stehendenZentraldepothatteFritz Dworschakam 7. Februar 1940 opponiert (s.Schwarz (2018), S. 92). Nun tauschten sie sich eventuell in dieser Angelegenheit aus.Dworschakhatte dabei jedoch das Nachsehen: das Depot in der Orangerie wurde eingerichtet, zudem 1941 ein "Linz-Depot" imStift Kremsmünster(s.Schwarz (2018), S. 138-139).
- 9Wahrscheinlich ging es um Erwerbungswünsche vonFritz Eichler, dem Direktor derAntikenabteilungdesKunsthistorischen Museums, aus der aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes sichergestellten (s. § 4a BGBl.Nr. 80/1923) Sammlung vonPaulundAndy Zsolnay. Im Februar 1940 hatteEichlerdieZentralstelle für Denkmalschutzum Fotos denkmalbehördlich sichergestellter antiker Schmuckstücke aus der Sammlung Zsolnay gebeten, aus denen auchPosseeinige Stückefür dasFührermuseumausgesucht hatte. DieAntikensammlungdesKunsthistorischen Museumserwarb schließlich mehrere Objekte aus der Sammlung Zsolnay (u. a. ein "Grabrelief Frau mit Dienerin", s.Beschluss des Kunstrückgabebeirats).
- 10Possehatte vermutlich vor, sich mitLudwig Baldass, dem Direktor derGemäldegaleriedesKunsthistorischen Museums, wegen der Affäre um dieRaffaelzugeschriebene "Madonna di Gaeta" zu besprechen. Die UrheberschaftRaffaelswar unter Fachleuten umstritten. Das Gemälde hatte sich bis Februar 1940 zur Untersuchung imKunsthistorischen Museumbefunden, woPossees während seines vorangegangenenWienaufenthalts im Januar 1940 besichtigt und sich anschließend in Übereinstimmung mitBaldassin einem Gutachten gegen eine Urheberschaft Raffaels ausgesprochen hatte (s. Seiten0037und0038).Adolf Hitlerhatte in diesem Fall nicht einfach auf das Fachurteil seines Sonderbeauftragten vertraut, sondern hatte das Bild nachBerlinbringen lassen und persönlich in Augenschein genommen, um dann beimDoerner InstitutinMünchen ein "abschließende[s] Gutachten über die Frage der Echtheit des Bildes" in Auftrag zu geben (s.Burmester (2016), S. 412). DasDoerner Institutkam jedoch ebenfalls zu dem Ergebnis, dass das Gemälde kein Original vonRaffaelsein könne, da es "mindestens 100 Jahre später gemalt" worden sei (s.Burmester (2016), S. 418).
21. März 40. BilletDresden-
26. III (Mitgen.4 515.-)
Auto u. Zeitungen 3.10
Träger 70
27. III. Schlafwagen 3.-
Telegramm (Hastk5) 3.50
Frühstück 80
Gepäck 1.10
Abend. 4.70
Bier 1.20
287Frühstück 2.60
Mittag 6.20
Abend 6.-
Zeitungen - 35
Bier 1.10
29.8Frühstück 1.50
Cigarren 2.-
Mittag (mitTrapp) 13.-
143,65143,609
64
- 1Schlafwagen
- 2Possekaufte bereits am 21. März 1940 die Bahn-Fahrkarte vonDresdenüberMünchennachInnsbruck. Seine Reise trat er am Abend des 26. März 1940 an und kam am darauffolgenden Tag gegen 16:00 Uhr inInnsbruckan (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 3Alle Preisangaben auf dieser Seite sind in Reichsmark aufgeführt.
- 4Mitgenommen
- 5Es handelt sich wahrscheinlich um ein Kürzel fürKarl Haberstock.
- 6Graf
- 7Datumsangabe: 28. März 1940
- 8Datumsangabe: 29. März 1940
- 9zur Fortsetzung der Reisekostenaufstellung auf der Folgeseite
27. III.RembrandtsMendelssohn.2
Landesdenkmalspfleger
jetzt Annex einer Gaustelle
ohne fachliche Stütze einer
Restaurierungen
27.. III. 160überMittenwald
Besprechg mitihmim Hotel
Besprechung von 1945- 2130:
Ambraser Slg.5südtiroler
Rembrandts von Mendelssohn
28.7BeiGraf Trapp(Umsiedlungs-
beimstellv.9Gauleiter; dann im
aufgelassenenServitenkloster
(Bibliothek ca 1770, nachWilten).10
66
- 1ZuPossesInnsbruck-Aufenthalt vom 27. bis 29. März 1940 sieheSchwarz (2018), S. 96-97.
- 2In der vonRobert von Mendelssohnangelegten Kunstsammlung, die nach seinem Tod in den Besitz seiner Erben überging, befanden sich zweiRembrandtzugeschriebene Gemälde: ein "Selbstbildnis im Pelz, mit Kette und Ohrring" und das "Bildnis der Hendrikje Stoffels". Letzteres konntePosse1942 für dasFührermuseumerwerben.
- 3Eventuell handelt es sich um die Georgskapelle im Alten Landhaus inInnsbruck(s.Eintrag auf der Homepage des Landes Tirol).
- 4Possenotierte sich hier, vielleicht auf ein Telefonat mitHerbert SeiberlinWienhin oder weil er sich mit ihm darüber besprechen wollte, dass die bisherigen Landeskonservatoren, die zuvor der vor der Auflösung stehendenZentralstelle für DenkmalschutzinWienunterstellt gewesen waren, dem jeweiligen Reichsgau zugeordnet werden sollten und zwar unter Wegfall hauptamtlicher Stellen.Possetrug die Angelegenheit im Oktober 1940Hitlervor mit dem Ergebnis, dass per "Erlaß über die Neuorganisation der Denkmalpflege in der Ostmark" vom 8. November 1940 die Landeskonservatoren inLinz,Graz,SalzburgundInnsbruckdemReichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und VolksbildunginBerlinunterstellt und damit Reichsbeamte wurden (s.BArch, B 323/163, Nr. 176-188;Brückler (1990), S. 184-194;Frodl-Kraft (1997), S. 245-252;Schwarz (2018), S. 95).
- 5Sammlung.
Die Ambraser Sammlung war bzw. ist eine Sammlung von Waffen, Rüstungen, Gemälden, Skulpturen, illuminierten Handschriften und Kuriositäten, dieErzherzog Ferdinand II. von Tirol imSchloss AmbrasbeiInnsbruckanlegte. Diese wurde ab 1665 sukzessive nachWientransferiert. Nach 1880 waren zwar Teile der Sammlung zurückgegeben, jedoch die wertvollsten und kunst- wie kulturhistorisch bedeutendsten Objekte inWienbelassen worden. Der Reichsgau Tirol forderte nun die Rückführung der berühmten Ambraser Sammlung, die aber einen Grundstock der Bestände desKunsthistorischen Museumsbildete, weshalb diese Forderung zurückgewiesen wurde (s.Schwarz (2018), S. 42, 55, 96-97 und 122).
- 6Thema des Treffens war auch das Südtiroler Kunstgut, das in Folge der Umsiedlungsaktion der Südtiroler ins Deutsche Reich gelangte (s. Einträge vom29.03.1940und10.04.1940). Am 21. März 1940 hattePosseMartin Bormannmitgeteilt, dass er "auf dringende Aufforderung des Herrn GauleitersHoferin der Angelegenheit des Südtiroler Kunstbesitzes und anderer mir noch nicht näher bekannter Kunstfragen, die den Gau Tirol besonders interessieren, für einige Tage nachInnsbruckreisen werde" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 21.03.1940).
- 7Datumsangabe: 28. März 1940
- 8Possebesprach mitOswald Trappin dessen Eigenschaft als Gaukonservator von Tirol noch einmal die "Umsiedlungsfragen" Südtiroler Kunstgutes (s. Einträge vom29.03.1940und10.04.1940).
- 9stellvertretenden
- 10DasServitenklosterinInnsbruckwar am 3. November 1938 aufgehoben, die dortigen Kunstbestände waren 1939 in das ebenfalls aufgehobenePrämonstratenser-Stift Wiltentransferiert worden, wo durch dieZentralstelle für Denkmalschutzein Tiroler Zentraldepot der denkmalbehördlich sichergestellten und beschlagnahmten Kunstwerke eingerichtet wurde (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 53/1, M. 3).PosseundTrappbesprachen, dass auch die barocke Bibliothek desServitenklostersdorthin gebracht werden sollte.
/Kloster Wiltenfür Unterbringg1
nat.2Kunstgutes, namentlich
der sequestrierten Klöster für
Denkmalspflege / Wertl.3Arbeits-
dienst hinaus; SA-Kaserne.4
Abend mitTrapp
29. III.5
Anordnungen über Umsied-
lung von ganz oben her.
Anweisung an die Hauptkom-
missionen inBotzenu.
Innsbruckdafür Sorge zu
tragen, daß keine Sonder-
aktionen (illegal) durchge /
führt werden (wie geschehen)
sondern alles im Detail
mit ital.6Behörden zu
regelen, da die Gefahr besteht
70
- 1Unterbringung
- 2nationalen
- 3Wertloser
- 4Am 8. Januar 1940 hatteFriedrich Plattnervom Ministerium für Innere und Kulturelle Angelegenheiten inWiendie Einrichtung eines Zentraldepots der beschlagnahmten und denkmalbehördlich sichergestellten Kunstwerke in Tirol angeordnet. Dort sollten vor allem die aus ehemaligem Klosterbesitz stammenden Kunstwerke zentral untergebracht, inventarmäßig verzeichnet, durch eine Kartei erfasst und so aufgestellt werden, dass Besichtigungen und fotografische Aufnahmen möglich waren. "Da für die Unterbringung derartiger Objekte von Ihnen bereits das Gebäude desStifts WilteninInnsbruckherangezogen worden ist, richte ich an Sie das Ersuchen, in erster Linie das genannte Gebäude, im Bedarfsfalle jedoch auch noch weitere geeignete Räumlichkeiten derZst. f. Dsch.für die zentrale Unterbringung der erfassten Kunstwerte zur Verfügung zu stellen bzw. erforderlichenfalls freizumachen" (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 53/1, M. 3, fol. 5, Plattner an den Landeshauptmann von Tirol, 08.01.1940). Nun besichtigtePossegemeinsam mitOswald TrappdasPrämonstratenser-Stift Wiltenin Hinblick auf dessen Verwendungszweck als Depot. Man fand es geeignet unter der Voraussetzung, dass die Nutzung durch den "wertlosen" Reichsarbeitsdienst und als SA-Kaserne beendet werden würde.
- 5Nach der deutschen Garantie von Aufrechterhaltung und Ausbau der Brenner-Grenze im März 1938 wurden in den darauffolgenden Jahren Teile der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung in das Gebiet des Deutschen Reichs umgesiedelt. Kurz vor seinerInnsbruck-Reise hattePosseanMartin Bormanngemeldet, dass er "auf dringende Aufforderung des Herrn GauleitersFranz Hoferin der Angelegenheit des Südtiroler Kunstbesitzes und anderer mir noch nicht näher bekannter Kunstfragen, die den Gau Tirol besonders interessieren [...] nachInnsbruckreisen werde" (s.BArch, B 323/163, Posse an Bormann, 21.03.1940). Zuvor hatte sichPosseauf Anregung von GaukonservatorOswald Trappund unter Ausnutzung des 'Führervorbehalts' als Sachverständiger in die Kulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelle desAhnenerbesunter der Leitung vonWolfram Sievers gedrängt, die sich zu diesem Zeitpunkt etablierte. "Im Zuge der Umsiedlungsaktion von Südtirol gelangen viele wertvolle Werke deutscher Kunst aus Privatbesitz zum Verkauf", welcher "von einem erfahrenen Fachmann" überwacht werden müsse, damit die Kunstwerke für deutsche Museen "gerettet" werden könnten, weshalbPosseempfahl, "wie im Falle der Ostmark, demFührerein Vorverkaufsrecht vorzubehalten" (s.BArch, B 323/103, Nr. 237, Posse an Bormann, 10. 02.1940;BArch, B 323/163, Nr. 173). Bormanngab diesen Vorschlag zwei Tage später als WunschAdolf HitlersanHeinrich Himmlerweiter und schlug als erfahrenen FachmannPossevor. "Das Vorkaufsrecht für die zum Verkauf nach Deutschland gelangenden Bilder soll demFührervorbehalten bleiben" (s.BArch, B 323/163, Nr. 172, Bormann an Himmler, 12.02.1940). Am 28. Februar 1940 teilteHimmlerBormannmit, dass er Posseals Sachverständigen heranziehen werde (s. BArch, B 323/163, Nr. 132-133, Himmler an Bormann, 28.02.1940). Posse wurde in dieKulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelleaufgenommen (s. Schwarz (2018), S. 96;Petropoulos (1999), S. 150-152). Damit war er zur Schlüsselfigur für die Nordtiroler Denkmalpflege geworden. Am 29. März 1940 besprachPossenun vermutlich mit GaukonservatorOswald TrappProblempunkte in Bezug auf den bisher unregulierten Transfer von Südtiroler Kunstbesitz ins Deutsche Reich für noch anstehenden deutsch-italienischen Verhandlungen, bei denen er Schwierigkeiten befürchtete.
- 6italienischen
daß ital.1Behörden Ggmaass-
nahmen2 treffen u. nebenbei
auch die Verhandlgsbasis3mit
ital.4Behörden sehr erschwert
wird.
Abschrift des Gutachtens des
nandeumim Depot. keine
bedeutenden Bilder, Möbel, Silber
usw.6
Gedächtniskapelle inBrenn-
bichlbeiImstFriedrich Augustfain sehr
schlechtem Zustand. Muss
in Ordnung gebracht werden
durchLandesdenkmalsamt
Kosten ca 5000.7
(V. Waldenfels)
- 1italienische
- 2Gegenmaßnahmen
- 3Verhandlungsbasis
- 4italienischen
- 5Sammlung
- 6Posseinspizierte die beschlagnahmte Kunstsammlung vonFriedrich Reitlinger, die seit Oktober 1938 imTiroler Landesmuseum Ferdinandeumdeponiert war, in Hinblick auf ihre Verwendung für die Verteilung auf österreichische Museen unter 'Führervorbehalt'. Er kam zu dem Ergebnis, dass diese "kein Stück von besonderer Bedeutung" enthielt, wie er am 5. April 1940 an das Ministerium inWienberichtete, sodass er deren Verbleib im Ferdinandeum befürwortete (s. BArch, B 323/120, Nr. 244, Posse an Plattner, 05.04.1940). Auch in seinem Verteilungsplan, den er anAdolf Hitlersandte, sprach er sich für eine Zuteilung an dasFerdinandeumaus: "die Kunstwerke (Gemälde, Möbel, Silber usw.) aus dem Besitz Reitlinger (Jenbach, Tirol), die imLandesmuseum Ferdinandeumverwahrt werden. Darunter das männliche Bildnis eines deutschen Malers von 1568,Berckheyde, Stadtplatz, undP. de Bloot, Landschaft. Bedeutendere Kunstwerke befinden sich nicht darunter. Eine Zuteilung an dasLandesmuseum Ferdinandeumwird befürwortet" (s.BArch, B 323/117, Nr. 690, Liste IV.: Vom Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck; für Zuteilung und einzelne Kunstwerke s. auchListe "Erste große 'Führerzuteilung' vom 2. Juli 1940").
- 7Posseerfuhr wahrscheinlich vonOswald Trapp, dem Gaukonservator von Tirol-Vorarlberg, dass die neugotische "Sachsenkapelle" inBrennbichl, die in Erinnerung an den tödlichen Verkehrsunfall des sächsischen KönigsFriedrich August II.auf Veranlassung seinerWitweab Herbst 1854 nach Plänen vonJoseph Rokitaerrichtet und im August 1855 eingeweiht worden war, dringend einer Restaurierung bedurfte. Bei der Kalkulation hoffteTrappwohl auch auf das finanzielle Engagement Sachsens. Die Instandsetzung unterTrappsLeitung erfolgte erst ab 1957 bis 1966 (s.Prinz-Friedrich-Christian-Stiftung 1971).
Ferdinandeum: Kunstwerke aus
KlosterStamsim Depot. -
nachDresden.
6. IV.FahrkarteDresden-Leipzig
8.6Auto 2,80
LeipzigGepäck - 30
Auto 1.-
Zeitungen u. Cig.7 90.
Mittag 8.50
DrAuto 1.50
Gepäck 40
Berlin: Auto 1.-
Abend 11.-
9.8Frühstück 2.10
Telef.9Zeitungen - 70
Kursbuch - 50
Garderobe - 40
63.7010
72
- 1DieAntiquitätenhandlung KonzertinInnsbruckverkaufte Kunstwerke der Südtiroler Umsiedler.Gaukonservator Oswald Trappließ dort vier angeblich aus der Alten Pfarrkirche in Gries bei Bozen entwendete Skulpturen sicherstellen (s. BArch, NS 21/88, Ringler an Sievers, 17.11.1941). Vermutlich machteTrappPossebei diesem Besuch derAntiquitätenhandlungdas Problem klar bzw. man erörterte es gemeinsam mit dem Kunsthändler. Ziel war, bedeutende Südtiroler Kunstwerke nicht an private Sammler gelangen zu lassen, sondern diese für die Tiroler Museen, insbesondere dasTiroler Landesmuseum FernandeuminInnsbruck, zu erwerben.
- 2Nachmittag
- 3Am 29. März 1940 endetePossesInnsbruck-Aufenthalt und er fuhr am Nachmittag überMünchenzurück nachDresden, wo er am Morgen des 30. März 1940 ankam (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 4Am 6. April 1940 kauftePossedie Zugfahrkarte für Hin- und Rückfahrt nach bzw. ausLeipzig, wo er sich am 8. April mitHans Boernertraf, um sich über den Ankauf derHandzeichnungensammlungdesPrinzen Johann Georgzu beraten (s. Seiten0076und0077). Anschließend fuhr er mit diesem nachBerlin. Dort besprach er mitAdolf HitlerundMartin Bormannam 9. April die Angelegenheit "[der] Slg. Joh. Georg u. anderes" (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch).
- 5Alle folgenden Preisangaben auf dieser Seite sind in Reichsmark aufgeführt.
- 6Datumsangabe: 8. April 1940
- 7"Cigaretten" oder "Cigarren"
- 8Datumsangabe: 9. April 1940
- 9Telefon
- 10zur Fortsetzung der Reisekostenaufstellung auf der Folgeseite
1.Beschlagnahmungen derKlöster2
2.Unterbringung
der Linzer Kunst-
ggstände.3
3.Slg.4 Prinz Joh. Georg.
5. Reichswirtschaftsminister
u. staatl.6Ankaufsstelle in
Berlinentscheiden über die
Veräusserungsichergestelltenjüdischen Kunst-
besitzes über 1000 RM.
Ermächtigug durchReichs-
wirtschaftsminister, im Auftrag
desFührersfreihändige Erwer-
bungen ohne Hindernisse durch-
führen zu können.7
6.Ambras
7.Zinnsammlg. ?8
9.Originalgaben anDörner-Inst.
10..Sievers: Nach Pfingsten beginnt
Arbeit im vorgeschlagenen Sinn(Tirol)10
- 1Im Folgenden notierte sichPosseeventuell im Nachgang seinesBerlinaufenthalts vom 8. bis 10. April 1940 Punkte, die er bei seinem nächsten Treffen mitMartin Bormannbesprechen wollte bzw. über die er ihn informieren sollte. Wahrscheinlicher ist jedoch, dassPossehier die bei seiner nächsten Berichterstattung beiBormanninBerlinam 9. Mai 1940 (s.DKA, NL Posse, Hans, I,B-1: Hans Posse, Diensttagebuch) abgehandelten Themen vermerkte.
- 2Es ging um die Beschlagnahmungen der Klöster und Stifte in der 'Ostmark' und den Zugriff auf deren Kunst- und Kulturbesitz, für denPosseden 'Führervorbehalt' einforderte. Er hatteMartin Bormannzuvor im Bericht über seine Dienstreise nachWienauf die Problematik aufmerksam gemacht: "Während meines diesmaligen Wiener Aufenthaltes hatte ich auch Gelegenheit, die noch vorhandenen Bestände an Kunstwerken des aufgehobenenKlosters GöttweigbeiKrems a. d. Donaudurchzusehen. Außer der berühmten und höchst wertvollen, auch äußerlich sehenswerten Bibliothek ist dort nichts Bedeutendes an Kunstwerken erhalten. Aber der Fall Göttweig beweist, daß auch im Falle der in letzter Zeit aufgehobenen Klöster der Ostmark eine Erweiterung des Führererlasses auf diese Gebiete dringend notwendig ist.
AusSt. Lambrechtin Steiermark sind die wichtigsten Gegenstände bereits kurz vor der Machtergreifung als Deckung für Steuerrückstände in dassteierische LandesmuseuminGrazverbracht worden. Desgleichen befinden sich die Sammlungen ausKloster Admontseit 1938 in ihren wichtigsten Teilen imGrazer Landesmuseum. Der wertvolle Kunstbesitz vonStamsundWiltenwurde an verschiedenen Stellen inInnsbruckgeborgen.
Wie alle diese Beispiele, zu denen täglich neue hinzukommen können, beweisen, ist die Auffassung über das Eigentumsrecht an dem kulturellen Besitz der vormaligen Klöster noch keineswegs geklärt.
Es scheint mir deshalb dringend notwendig, daß über die Eigentumsfrage an den Kunstsammlungen, Archiven und Bibliotheken vormaliger Klöster und ihre Verwendung im Interesses des nationalen Kunstbesitzes eine eindeutige Entscheidung getroffen wird. Es dürfte sich (eventuell rückblickend) empfehlen, eine einheitliche Behandlung solcher Fälle wie bei dem beschlagnahmten jüdischen Kunstbesitz zu treffen, der demFührerdie Entscheidung über den Klosterbesitz überläßt. Dadurch würde wohl auch am besten den von den Gaumuseen, Bibliotheken und Archiven geäußerten Wünschen Rechnung getragen. Außerdem gäbe ein solcher Erlaß auch die letzte Gelegenheit durch Inventarisierung und photographische Aufnahmen wertvollstes Kunstgut der Nation zu erfassen" (s.BArch, B 323/103, Nr. 223, Posse an Bormann, 16.03.1940; Schwarz (2018), S. 99-101; zu Kloster Göttweig s. auchSeite 0059).
- 3Vermutlich sind die Kunstgegenstände gemeint, die für das geplanteFührermuseumin Linzvorgesehen waren.
- 4Sammlung
- 5Es handelt sich um denantiken Goldschmuckaus der Sammlung vonPaulundAndy Zsolnay, der für dasFührermuseumvorgesehen war und von dem einige StückeAdolf Hitleram 20. April 1940 zum Geburtstag überreicht wurden (s.Seite 0030).
- 6staatliche
- 7Possebeschwerte sich, dass es beim Ankauf von aufgrund des denkmalbehördlichen Ausfuhrverbotsgesetzes (s. § 4a BGBl.Nr. 80/1923) sichergestellten Kunstgegenständen inWien Schwierigkeiten mit der Vermögensverkehrstelle gegeben habe (s.BDA-Archiv, RestMat., K. 10, M. 2, fol. 24, Seiberl an Posse, 26.02.1940). Der Grund dafür war, dass über den Ankauf von denkmalbehördlich sichergestelltem jüdischen Kunstbesitz, der über einen Betrag von 1.000,- Reichsmark hinaus ging,Reichswirtschaftsminister Funkund die zentrale Ankaufsstelle inBerlinzu entscheiden hatten.Martin BormannwiesFunkumgehend an, dassPosse"als Beauftragter desFührersfür den Ankauf von Kunstgegenständen, die für die Galerien in den neuen Ostgebieten bestimmt sind", zuständig sei und ihm deshalb "beim Ankauf von Gegenständen aus den sichergestellten Sammlungen, z. B. inWienund in anderen Orten, keine Schwierigkeiten bereitet werden" (s.BArch, B 323/103, Nr. 207, Bormann an Funk, 09.05.1940). Die Zusage vom Reichswirtschaftministerium erfolgte am 25. Mai 1940 (s.BArch, B 323/103, Nr. 198, Landfried an Bormann, 25.05.1940).
- 8Possebesprach mitBormannvermutlich, ob eine Zinnsammlung für dasFührermuseum angekauft werden sollte. Der Anlass dürfte die Zinnsammlung vonRichard Hubergegeben haben, die vonHanna Rohdebetreut wurde;Possesollte sie besichtigen bzw. Informationen darüber einziehen (s.Eintrag vom 08.05.1940).Konrad Hahm, der Direktor desStaatlichen Museum für Deutsche VolkskundeinBerlin, wandte sich am 8. Januar 1941 anPossemit dem Anliegen,Hitlerdafür zu interessieren, die Zinnsammlung Huber für dasVolkskundemuseumzu sichern. Nach ZustimmungHitlerserwarbPossedie Sammlung für 30.000,- Reichsmark; sie ging als "Geschenk desFührers" an dasMuseum (s.BArch, B 323/101, Nr. 48, 50-52;BArch, B 323/115, 183-189;Erich (1942)).
- 9Im Herbst 1939 hatteErnst BuchnerdieSchackgalerieals provisorischen Aufstellungsort für die Gemäldesammlung des geplantenFührermuseumsinLinzvorgeschlagen (s.Eintrag vom 10.10.1939). Am 3. Mai 1940 wurde das Gebäude an dieBayerischen Staatsgemäldesammlungenübergeben (s.Schwarz (2011), S. 271).Hitlerließ sich die Räumlichkeiten jedoch für seine Zwecke freihalten (s.Eintrag vom 16.10.1940).
- 10Am 10. Februar 1940 hattePosseMartin Bormanndarauf aufmerksam gemacht, dass im Zuge der Umsiedlungsaktion von Südtirolern in das Deutsche Reich "viele wertvolle Werke deutscher Kunst aus Privatbesitz" zum Verkauf in den Kunsthandel gelangten. Es sei nötig, den Verkauf von einem erfahrenen Fachmann überwachen zu lassen, damit die Kunstwerke für deutsche Museen "gerettet" würden. "Es empfiehlt sich wie im Falle der Ostmark, demFührerein Vorverkaufsrecht vorzubehalten" (s.BArch, B 323/103, Nr. 237 und 163, Nr. 173, Posse an Bormann, 10.02.1940). Auf diese InitiativePosseshin wurde in der Kulturkommission der Amtlichen Deutschen Ein- und Rückwandererstelleeine Unterabteilung für Kunst eingerichtet, in die Posse aufgenommen wurde (s. Schwarz (2018), S. 96;Petropoulos (1999), S. 150-152).Posse erfuhr von SS-Obersturmbannführer Wolfram Sievers, dass dieKulturkommissionbzw. ihre Kunstabteilung nach Pfingsten am 12./13. Mai 1940 die Arbeit aufnehmen sollte (zur Kulturkommission s. auchSeite 0079).